DER
WIEDER
PRADO.
Meisterwerk sicher noch mit grossem Entzücken und wahrer
Freude, aber in Gedanken schrecke ich vor der wNachtwvacher
wie vor einem Wunderwerk zurück. Das ist ein Pinsel von
einer Breite, wie ihn noch nie jemand geführt hat. Alles,
was die Malerei vermag, ist hier vereinigt, Naturwahrheit und
Phantasie, höchste Meisterschaft in der Ausführung und über
allem ein Zauber von Licht und Schatten, der ihm allein eigen
ist. Es war ein eigenartiger Geist, dieser Rembrandt, in
dem das dichterisch Geheimnisvolle des Nordens mit der
Warme und Virtuosität des Südens vereinigt war.
Ruhig und still dagegen strahlt drüben an der NVand das
Werk von Velasquez. Er arbeitet, aber kämpft nicht; er
fühlt herrlich, aber streitet nicht; das dumpfe Schweigen in
dem Dunkel Rembrandts und sein Ringen nach dem Un-
endlichen und Rätselhaften keimt er nicht; ruhig und sicher
thront er auf dem durch ihn hier eingenommenen hohen Platz;
aber die Kunst V elasquezi umfasst nur seinen eigenen Kreis,
die Rembrandts lebt mit jedem Menschenleben mit und strebt
dann noch nach dem Historischen und Unsichtbarenß
Nlein Franzose nahm ein niedliches Schächtelchen mit
Chokolade aus der Tasche, das er auf Ausstellungen nötig
zu haben behauptete; er bot mir daraus etwas an und
sagte: wVous vous etes echauffe, ga vous fera du biene;
dann nahm er mich freundlich bei der Hand und brachte mich
vor das Porträt eines Kardinals, welches von keinem Ge-
ringeren als Rafael gemalt war. Da stand ich mit offenem
Wunde und konnte nicht vom Fleck. Ein Stuhl wurde
gebracht, und ich konnte mich, ohne zu ermüden, in dieses
moderne Meisterwerk vertiefen. Ich sage MIIOClGFIICS Meister-
werka, denn dieses Porträt macht auf jeden den Eindruck,
als ob es allen Zeiten angehöre. Keine Farbenschönheit,
keine Kunstfertigkeit, nur der Gedanke, die Seele, der
Charakter des Mannes trifft, fesselt und verführt uns. Eine