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CID.
DER
die
Menschen
auf
der
Strasse
betrachten
konnte
und
das
war hier der Mühe wert. Bettler, Mönche und Grosse der
Kirche habe ich nie in so grosser Zahl und solcher Mannig-
faltigkeit angetroffen. Vielleicht war wohl ein Seminar in
der Nachbarschaft, denn in Gruppen sah ich junge Leute in
schwarzen, langen Kleidern, barhaupt und mit Skapulieren an
meinem Kaffeehause vorübergehen; dann und wann tauchte
ein Geistlicher auf. Einer derselben berührte mich besonders.
Mit grossen, würdevollen Schritten bewegte sich seine umfang-
reiche Gestalt vorwarts, auf seiner grossen Nase thronte eine
Brille zwischen den fleischigen, dicken, grauen Augenbrauen,
breiter Mund und Hängebacken, die sich in einem Doppel-
kinn und breiten Genickfalten fortsetzten. Was für ein ver-
lockendes
Modell
würde
solch
ein
Herr
Z U 111
Malen
sein.
Das ist die Qual des Malerberufs; man ist durch etwas
gepackt, und vorüber ist es, ehe man es ordentlich studieren
kann, und hundert Hindernisse entstehen, wenn man den einen
oder anderen Zug aus dem Leben festhalten Will. Dieser
ruhige, grosse, ehrwürdige Onkel würde mich gewiss mit einem
Blick der Verachtung vernichtet haben, wenn ich es gewagt
hätte, ihm mit meiner Bitte zu kommen. Ich war jedoch
schon froh, ihn gesehen zu haben, und sah ihm lange nach
als einer herrlichen Beute, die mir entschlüpft war; ich sah
schon wieder einen und noch mehr, aber keinen so gross-
artigen als diesen ersten. Nun kamen die Bettler, und die
waren es gerade, die ich entfernen wollte, und die wollten
nicht gehen; einem Fräulein mit einem Kärtchen, worauf unter
einem Krönchen ihre hohe Herkunft vermeldet stand gab
ich etwas; dann wurde mir ein grässliches Stück Arm von
einem Manne auf Krücken angeboten, und ich gabi wieder
etwas; aber nun sah ich wahrlich in einer langen Reihe eine
kleine Bande auf mich zukommen; ich erinnerte mich, dass
mir ein Spanier einmal gesagt hatte, dass die Bettler die