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WIEDER IN MADRID.
Espartero, war durch einen unvorhergesehenen Stoss eines
riesigen Stieres auf dem Plaza de Toros im Angesichte der
Zehntausende, die ihn bewunderten und ihm zujubelten, getötet
worden. In allen Läden sahen wir sein Bild ausgestellt, in
einfacher Bürgerkleidung oder als Espada, ja sogar als Leiche,
mit Lorbeer und Blumen umringt. Anschlagzettel mit Trauer-
rand kündigten die Titel der Broschüren und Gedichte auf
Espartero und sein tragisches Ende an. Alle Zeitungen ent-
hielten Gedichte und Bilder von dem Unglücksfall, Lebens-
beschreibungen und Merkwürdigkeiten des toten Helden.
An einer Ecke der Strasse San Geronimo, wo es nach-
mittags zwischen fünf und sechs Uhr von Spaziergängern
wimmelt, war eine Volksmenge um eine blinde Sängerin ver-
sammelt. Es war ein altes Mädchen mit brauner Haut und
vielen Falten; ein langes, graues Tuch bedeckte ihren mageren
Körper, aber in ihrem grauen Haar steckten gelbe Blumen.
Natürlich sang sie ein Lied auf Espartero, beklagte das Ge-
schick des grossen Mannes und hielt gleichzeitig dem um-
stehenden Publikum ein Körbchen hin, worin Streichhölzer,
_gedruckte Lieder und Bonbons zum Kauf angeboten wurden.
Die Begleitung auf der Guitarre wurde von einem schwarz-
äugigen Kinde ausgeführt. Aber das Interessanteste war das
Publikum, das sehr aufmerksam zuhörte und aus dem Korb
-das Liedchen kaufte, das das topic of the day war; es war
nur ein gedrucktes Blättchen mit einem wunderlich dicken
Holzschnitt verziert, auf dem man erfinden musste, dass da
ein Mann unter einem Stier lag. Ein Verkaufspreis war nicht
bestimmt, jeder warf etwas in einen Blechnapf, der sich in
dem Korb befand. Eine junge Dame war sehr gerührt; sie
war eine Verwandte des berühmten Mannes und erzählte den
Umstehenden allerhand, Wovon ich nichts verstand, Sie zog
eine Photographie aus der Tasche und zeigte sie. Der ganze
Kreis der Umstehenden kam hinzu, um sie zu bewundern.