BERGTOUR.
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Alhambra vor uns ausgebreitet lag. Die Sonne war fast
untergegangen, und als wir längs dem Fluss nach unten stiegen,
waren die Luft und das Wasser golden, die umliegenden
Felsen dunkel Smaragd und all die Bäume und Villen und
endlich auch unser Hotel in zartes Rosa gehüllt. Als der
letzte König von Granada seine Stadt und die Alhambra ver-
lassen musste, verfolgt von den vordringenden Siegern, seufzte
er tief und liess einige Thränen fallen. Auf dieser Thränen-
stelle ist jetzt ein Gedenkstein angebracht, welcher bis heute
den Namen ßDer letzte Seufzer des Maurem hat. Für uns
wird wohl kein Gedenkstein errichtet werden, obwohl auch
wir dem Orte, wo wir soviel ungekannte Schönheit gesehen
hatten und wo wir wie in einer idealenWelt unihergeirrt waren,
ein trauriges Lebewohl zuriefen. Nun mussten wir wieder vier-
undzwanzig Stunden in dem elenden ferro-carril sitzen, um in
einer Tour von Granada nach Madrid zurückzukehren. Ein
Schlafwagen oder ein besonderes Abteil wurde gesucht, um
die Reise erträglich zu machen.
Der Portier des Hotels und die Gepäckträger suchten um
die Wette, aber zuletzt riefen wir den Stationsvorsteher; nach
langem Suchen wurde dieser Grossmeister herbeigeholt. Mit
recht spanischer Gleichgiltigkeit kam er angeschlendert, die
Hände in den Taschen seiner weiten Hose, eine Cigarette
hing unter seinem verwilderten Schnurrbart hervor, die rote
Mütze, das einzige , was ihn als Stationsvorsteher erkennen
liess, lag schief hintenüber auf seinem grauen Krauskopf, als
ob es ihn belästigte, das Zeichen seiner Dienstpflicht auf dem
Kopfe tragen zu müssen. Er beruhigte uns, und als 0b bei
ihm immer alles in Ordnung wäre, ging er wieder und liess
uns nach einigen Augenblicken zu sich rufen; er hatte für uns
einen Postwaggon ausräumen lassen, da waren gerade drei
Plätze, ein Spiegel, der an der Wand hing, und ein Tischchen,
das man rauf und runter klappen konnte. Nun waren wir