Volltext: Trachten (Bd. 2)

die Schellen allgemein; man trug dieselben gewöhnlich am Gürtel, welcher davon den Namen 
nDusingu erhielt, ein Name, welcher mit dem Worte nGetösea zusammenhängt. Auch bediente man 
sich eigener Schultergehänge für die Schellen, der vI-Iornfesselna, welche zumeist den Riemen glichen, 
an denen man auf der Jagd das Hüfthorn führte (37. 6. 7). Selbst an den Säumen der Kleider brachte 
man Schellen an, sowie um die Achseln herum, auf der Spitze der Gugel und der Schnabelschuhc 
und selbst an den Schwänzchen der Hermelinverbrämungen. So sehr die Schellen für vornehm galten, 
so war man sich ihres narrenhaften Charakters doch völlig bewusst: nje grösser der Narr, desto 
grösser die Schellen, pflegte man damals schon zu sagen. 
Wie die männliche, so behielt auch die weibliche Tracht bis gegen die Mitte des 
14. Jahrhunderts hinein ihre aus dem vorigen Jahrhundert überkommenen Formen, welche sich durch 
eine bequeme Länge und Weite kennzeichneten (36. s. 16); ja bis in das 15. Jahrhundert hinein 
wurden dieselben noch von jenen Frauen beibehalten, welche auf eine würdige Erscheinung hielten; 
die Neuerungen beschränkten sich unter letzteren hauptsächlich auf den Kopfputz (40.19. 20). Die 
Menge aber folgte seit der Mitte des Jahrhunderts der aus Frankreich herübergekommenen Mode, 
welche verlangte, dass sich die Kleider fest um den Oberkörper bis über die Hüften herab an- 
schlössen. Ein passendes Anliegen der Kleider war zwar schon früher erstrebt worden, aber ohne 
den natürlichen Formen Gewalt anzuthun; jetzt aber begann man seinen Stolz in eine enge Taille 
zu setzen. Unter- wie Oberkleid wurden verengt; auch die vDecolletierungu kam in Mode. Das 
Unterkleid wurde am Halse ziemlich tief ausgeschnitten (Fig. 20. 1. 9.10) und der obere Saum 
mit der Zeit dergestalt nach unten gerückt, dass sich die Behörden veranlasst sahen, die Grösse des 
Halsloches bis auf Fingerbreite zu bestimmen. Das Kleid schloss sich bis auf das Becken herab 
fest um den Körper an und wurde vorn oder an der Seite, zuweilen auch hinten verschnürt; nach 
untenhin erweiterte sich das Kleid gleichmässig durch eingesetzte Zwickel und liess nur die Fuss- 
spitzen blicken. Die Aermel schlossen sich bis zum Handgelenke fest um den Arm (36. s. 12. 20) uncl 
setzten sich häufig wie Manschetten über die Handwurzel fort. Das ganze Kleid bestand aus Vorder- 
und Rückteil, welche man an den Seiten herab zusammennähte; die Aermel stellte man aus einem 
Stücke von geradem Schnitte her; die Naht lief auf der Hinterseite des Armes herab bis zum 
Ellbogen; von hier an richtete man den Schlitz zum Verknöpfen ein (36. 20). Fast ebenso gestaltet 
war das Oberkleid, nur hatte dieses eine grössere Länge und andere Aermel; die Aermel reichten 
vorn bis in die Armbeuge, setzten sich aber hinten mit einem Streifen über den Ellbogen fort 
(36. 2. 5. Fig. 20. 4). Die Länge des Oberkleides war so gross, dass man es beim Gehen in die 
Höhe nehmen musste (52. 29), ja gegen Ende des Jahrhunderts war die Schleppe auf vier bis fünf 
Ellen angewachsen, so dass es nötig war, sich dieselbe nachtragen zu lassen. 
Sehr beliebt und allgemein verbreitet war damals ein der früheren Sukkenie ähnliches Ober- 
kleid, das nSürkotu; es war wie jene ärmellos, an beiden Seiten ausgeschnitten (36. 12. 52. 22), aber in 
grossen Bogen von den Schultern an bis auf die Hüften. Oben lag es fest an und erweiterte sich 
nach unten hin; auch wurde es eine kurze Zeit hindurch rechts und links von unten herauf ge- 
schlitzt. Im Winter pflegte man das Sürkot mit buntem Pelzwerk, im Sommer aber mit Seiden- 
zeug zu füttern. Die Mode, das Sürkot ganz von Pelz anzufertigen, wie es in Frankreich geschah, 
scheint in Deutschland keinen Eingang gefunden zu haben. Auch der Hüftgürtel kam hier weniger 
als dort zur Anwendung und wurde gegebenen Falles wie bei den Männern um die Hüften ge- 
schnallt (36. 20). Dagegen wurde der Mantel, die Hoike, von den Frauen der besten Stände häufiger 
als von den Männern getragen. Der Frauenmantel hatte die Form eines Kreisausschnittes, dessen 
Spitze gleichlaufend mit dem unteren Saume so tief herausgeschnitten war, dass man den Mantel 
mit seinem oberen Saume über beide Schultern legen und unter der Halsgrube zusammen faSSen 
konnte (36. 20). Zuweilen versah man ihn hier mit einem niedrigen Stehkragen (36.19). Statt des 
Mantels bedienten sich die Frauen auch des Tapperts in allcn Formen, wie sie unter dem männlichen 
Geschlechte üblich waren.
	        
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