Volltext: Trachten (Bd. 2)

Naht sich nicht selten ein Schlitz zum Durchstecken der Arme befand (33. s. 34.  vrgl. 6. 23); 
dieser Rock hiess vKappeu. Die Kapuze war mit dem Rock aus dem Ganzen geschnitten und 
an beiden Seiten zusammengenäht; in dem Vorderstücke befand sich ein Querschnitt für das Ge- 
sicht; schlug man die Kapuze zurück, so schob sich der Kopf durch den Querschlitz heraus. In 
dieser Form haben wir uns die "Tarnkappeu vorzustellen, von welcher das Nibelungenlied erzählt; 
solch ein Rock verhüllte den ganzen Mann, mit der Kapuze selbst dessen Gesicht und machte ihn 
nunsichtbaru, d. h. unkenntlich. Was die Ausstattung der Gewänder betrifft, so liess man schon 
am Schlusse des abgelaufenen Jahrhunderts die bis dahin üblichen Besatze an den Säumen fast 
ganz hinweg; dagegen wurde es immer häufiger Brauch, für jede Seite des Rockes und für jeden 
Strumpf der Beinlinge einen andersfarbigen Stoff zu nehmen. Mit der Zeit liess man auf jeder 
Seite die Farben vielfach wechseln und benützte mit Vorliebe gestreifte Zeuge. Von Anfang an 
kamen diese Farben wohl nur als Wappenfarben den dienenden Leuten zu; später aber verbreiteten 
sie sich nach oben wie nach unten hin durch alle Volksschichten, selbst unter den Bauern und 
unfreien Leuten. Das Landvolk lebte nämlich bis zum Schlusse der Staufenzeit in den aller- 
behäbigsten Verhältnissen; mancher Bauerssohn übertraf damals an Stattlichkeit seiner äusseren 
Erscheinung Weitaus den armen ritterlichen Dienstboten; er trug Röcke mit weiten Aermeln (34. e), 
gefüttert und verbrämt mit Pelzwerk, Kragen mit Knöpfen, kostbare Hüte, Handschuhe, selbst 
Schwert und Sporen. Als aber nach dem Interregnum der Kleinadel emporkam, verbot dieser 
namentlich in den österreichischen Landschaften den Bauern die höfische Gewandung und selbst 
die lebhaften Farben wie Rot, Blau und Grün. Da nun Weiss die Farbe der Trauer war und Gelb 
die Farbe der Juden, so blieb den Bauern nur die Wahl zwischen Schwarz und Graubraun oder 
sonstigen unbestimmten Mischfarben. Man darf sich überhaupt das damalige Kostüm nicht so 
bunt vorstellen; es war fast nur der Spielmann und der Spassmacher (34. 1), ja selbst im späteren 
Mittelalter nur der vfahrende Manna, sowie der Krieger und namentlich er, der beide Berufe in 
Einer Person vereinigte, der fahrende Landsknecht, welche in der Farbenzusammenstellung allen 
Launen die Zügel liessen.  
Der Mantel war im nördlichen Deutschland noch allgemein und selbst unter den Bauern in 
Gebrauch (34. 10. 13 u. ff); das Klima verlangte ihn dort; im übrigen Deutschland aber wurde er fast 
nur noch von Edelleuten getragen. Neben der rechteckigen Form kam die halbkreisrunde immer 
mehr zur Geltung; auch pflegte man den Mantel nicht mehr ausschliesslich auf der rechten Schulter 
zu verhafteln, sondern legte ihn von rückwärts über beide Schultern (33. 4. 5) und schloss ihn 
unter der Halsgrube mit einer Agraffe zusammen; häufiger aber befestigte man ihn mit einer ein- 
fachen oder doppelten Schnur, den vTasselna, welche quer über die obere Brust zu liegen kam 
(33. 11. 19. 21. 2a). Der Mantel war ein gesetzlich bedeutsames Kostümstück; wer ein Kind adop- 
tieren oder legitimieren wollte, nahm dasselbe unter seinen Mantel, daher der Name vMß-ntßlkindß- 
Dieser Brauch lässt sich in allen Ländern mit germanischer Bevölkerung nachweisen; nur das skan- 
dinavische Recht machte eine Ausnahme von dieser Sitte; in Schweden und Norwegen nahm man 
das Kind auf den Schoss und nannte es vSchosskinda. Als Fussbekleidung trug man geschlossene 
Knöchelschuhe und Halbstiefel, letztere aber nur ausnahmsweis, denn sie galten für bäuerlich. Damals 
wurde es unter den besseren Ständen immer mehr Sitte, den Kopf zu bedecken. Schon am Ausgange 
des 12. Jahrhunderts hatte man dem kegelförmigen Hute eine Krempe hinzugefügt, die hinten aufge- 
stülpt war, vorn aber geradeaus stand (11. 17. 33.  Dieser Hut wurde mit Pelz verbrämt oder mit 
Pfauenfedern völlig umkleidet (Fig. 16. 11), woher der Name vPfauenhutu; Herzöge besetzten den Hut 
mit einem kronenartigen Reife. Beliebt wurde auch eine Mütze mit rundem Kopf und breiter, ringsum 
aufgerichteter Krempe (34. 2), sowie eine andere, welche statt des runden Kopfes eine Art von Sack 
führte, der auf die Schulter herabfiel (34. 4). Auch kam es vor, dass man auf die Mütze mit 
rundem Kopf ein kurzes Tuch befestigte, welches schleierartig Nacken und Schultern bedeckte 
(Fig. 16. 9. 10). Es ist wohl dem weiblichen Einflusse zuzuschreiben, wenn der Bart, der schon
	        
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