Zur Tracht der Männer aus vornehmem oder ritterlichem Stande gehörten
Hemd, Bcinkleider mit Schuhen, Rock, Mantel und Kopfbedeckung. Das Hemd war im Mittelalter
ein Gewandstiick so gut wie Rock und Mantel; es ersetzte im häuslichen Verkehr den Rock; bei
Nacht wurde es ausgezogen". Das Linnenhemd, wie es heute Brauch, ist weniger ein Gewand, als
ein Unterfutter der Gewandung. Als solches kam es damals wenig vor und blieb bis um die Wende
des Mittelalters und der Neuzeit ein Luxusartikel selbst in fürstlichen Hausern. Die Königin Elisa-
beth von England besass nur sechs Hemden und selbst noch Ludwig XIV. hatte Mangel an
Leibwäsche. Das Hemd wurde erst im 18. Jahrhundert allgemein. Im Mittelalter galt das Hemd
als Hausrock; es war, wie schon sein mit nHeima verwandter Name andeutet, für den Einzelnen
das, was für die Familie das Haus war: eine schützende Hülle. Das Hemd wurde, soweit es an-
ging, in die Beinlinge untergesteckt (11. 14). Die Llrväterlichen Leinwandhosen waren in den höheren
Schichten damals nicht mehr gebräuchlich. Ueber das Hemd kam der Rock; auch der Rock wurde wie
das Hemd über den Kopf herab angezogen; er lag obenher ziemlich fest und faltenlos am Körper;
bei grösserer Weite aber wurde er mit einer Zugschnur am Kopfloche in Falten zusammen-
gezogen und der Zug durch eine Borte verdeckt (33. s. 11). Von den Hüften an erweiterte sich
der Rock allmälig nach unten hin; er stieg bis auf die Füsse herab, ohne dieselben zu verbergen
(33. s. 11. 19). Die Aermel waren im Unterarme ziemlich eng, oben jedoch bedeutend weiter; sie
wurden noch immer in die Seitennähte des Rockes eingesetzt; doch gab es damals schon, wenn
nach den Abbildungen ein Urteil gestattet ist, dreieckig ausgeschnittene Armlöcher, infolgedessen
der Rock in den Achseln sehr breit und vom Halsloche an ein wenig abfallend erschien. Der
Rock führte auch kurze Aermel, welche die Acrmel des Hausrockes oder Hemdes blicken liessen
(33- ß); C1" Wurde gegürtet; auf der Jagd aber oder bei ritterlichen Spielen zog man ihn unter dem
Gürtel in die Höhe und liess ihn mit einem Bausche über denselben herabfallen (Fig. 1G. i). Der
Rock des armen wie des.reichen Mannes war untenher geschlitzt und in Schösse geteilt; der
K061i dCS unfreien Mannes hatte keine Schösse. Hinten und vorn sowie an beiden Seiten auf-
geschlitzt war das Gewand des reichen Mannes in vier Schösse zerlegt, des armen Mannes Gewand
durch Vorder- und RÜCkCnSChÜtZ aber nur in zwei; so wollte es das Gesetz. Die Rockschösse oder
nGCrCna spielten damals eine wichtige Rolle; sie waren gleichsam zu einem Symbole geworden.
Das Ablegen der Geren bedeutete den Verzicht auf ein Gut. Wollte der Forderer den Geforderten
rechtlich greifen, so musste er ihn mit zwei Fingern in sein oberes Gewand oder an den Geren
fassen. Auch wurde der Verurteilte am rechten Geren dem Vogt überantwortet. Da die Röcke
von lederartigem starkem Zeuge waren, so vererbten sie sich häufig von Geschlecht zu Geschlecht;
solch ein Erbstück stand innerhalb des Familienkreises in hoher Achtung, so dass man es selbst
in abgetragenem Zustande noch für würdig hielt, eine religiöse Bestimmung zu erfüllen. So heisst
es nicht selten in mittelalterlichen Testamenten: nIch vermache meinen besten Rock, den schwarzen,
roten, blauen, dem Gotteshause zu N., damit aus ihm zum Heile meiner Seele eine Altardeeke,
eine Priesterkleidung gemacht werden Auch gab die Dauerhaftigkeit des Stoffes Veranlassung zu
einem Kleiderzinse.
Schon gegen Ende des 12. Jahrhunderts waren verschiedene Nebenformen des Rockes auf-
gekommen, Ueberziehklcider, deren man sich statt des Mantels bediente. Da gab es einen Rock,
der war weit und ärmellos wie ein Frauenoberkleid (33. u. 25). Man legte denselben auch als
Waffenrock über die Rüstung (33.18), um die Augen vor dem reflektierenden Glanze des Metalls
zu schützen; der Waffenrock reichte bis in die halben Waden und wurde gegürtet. Gegen Ende
des 13. Jahrhunderts versah man ihn zuweilen mit weiten, ungefähr bis an die Ellbogen reichenden
Aermcln; auch schnitt man ihn an der Vorderseite auf, zunächst bis in die Mitte der Oberschenkel
(33. 15), später bis an den Leib (33. 21). Man zierte ihn damals noch selten mit Besatz, wohl aber
brachte man schon hie und da sein Wappen darauf an. Eine andere Nebenform des langen Rockes
war mit einer Kapuze ausgestattet und sehr weiten, mehr oder weniger langen Aermeln, in deren