Lappen; ihre Jagdwaffen waren ein Bogen und ein starker Speer. In jenen polarischen Gegenden,
wo Tag und Nacht sechs Monate dauern, fristen auch die Biarmen ihr ödes Dasein mit Jagd und
Fischfang (31. 4. 5). Ihre Tracht, die gleichfalls aus Fell, war damals der finnischen ziemlich ähn-
lich; auch sie umwickelten ihre Pelzstrümpfe mit Riemen; die Haube oder Kapuze befestigten sie
häufig am Rocke selbst und legten über den Rock, welcher bei den Weibern länger als bei den Män-
nern war, ein Fell, an welchem noch der Kopf des Wildes sass. Die Männer pflegten ihre Kopf-
bedeckung mit einem Zeugstücke zu umwinden (31. 5), das über beide Ohren herabfiel; die Weiber
aber (31. 4) trugen einen halbhohen cylindrischen Hut aus Fell, auf dessen Stirnseite zwei Hörner
angebracht waren. Beide Geschlechter bedienten sich des Bogens wie der Armbrust, welche damals
unter den Nordländern sehr verbreitet war. Auch die in jenen winterlichen Gegenden hausenden
Stämme germanischer Rasse sahen sich durch die Strenge des Klimas auf eine Kleidung hingewiesen,
die vorzugsweise aus Steinboeks- und Elenleder oder aus starkem Loden bestand. Ihr damaliges
Kostüm stand noch der Bauerntracht des 13. Jahrhunderts ziemlich nahe. Der Nordländer (31. (i)
trug locker anschliessende kurze Hosen aus Fell oder Leder in Verbindung mit Strümpfen, einen
Rock, welcher höchstens bis zum Knie herabstieg, ringsum geschlossen war, oben wie unten mit
Pelz besetzt und gegürtet war, eine niedere Rundkappe mit Pelzbesatz, der über die Stirne schirmartig
hervorragte, Schuhe an den Füssen, die über den Rist her geschlitzt und in der Fussbeuge mit einem
Riemen geschlossen wurden. Aehnlich gekleidet, doch schon augenfällig von der Mode berührt, war
der mehr im Verkehr mit den Städtern lebende Norweger (31. v); seine Lederhosen waren lang und
lagen wenigstens in den Unterschenkeln ziemlich dicht an; sein mit einem Gürtel geschlossener
Rock hatte eine" Brustschlitl, Welcher verknöpft wurde, und war am unteren Rande in lange
Laschen Zerschlitlt- A18 Jagdwaffen bevorzugte der Nordländer die Axt und die Armbrust;
neben den gespltltffn Pfeilen gebrauchte er auch solche mit breiter Klinge, aber weniger zum
Erlegen als zum Betäuben des Wildbrets. Um in den monatelangen Nächten den Weg nicht zu
verfehlen, hatte er die Gewohnheit, faules Eichenholz, welches im Dunkeln leuchtet, von Strecke
zu Strecke in den Erdboden zu pflanzen. Die weiblich e Volks tracht im mittleren Norwegen
zeigte nach der im 15. Jahrhundert aufgekommenen Sitte das Leibchen vom Rocke getrennt (31. 10).
Das Leibchen war ärmellos und hatte einen breiten Brustausschnitt, welcher durch das Hemd
ausgefüllt wurde; der Rock bestand aus Loden; die Hemdärmel waren ziemlich weit, verengten
sich aber gegen das Handgelenk hin. Dem Rocke war eine Schürze vorgebunden; am Gürtel hing
ein Täschchen mit Nähzeug; den Kopf bedeckte ein rundes Mützchen. Im Freien lustwandelnd
pflegten die Nordländerinnen einen Büschel Flachs an das Mützchen zu stecken und diesen mit Hilfe
eines Wirtels zu verspinnen. Die lange Dunkelheit erhellten sie sich bei diesem Geschäfte durch
angezündete Holzstäbchen, die sie mit dem Munde festhielten; einen kleinen Vorrat davon trugen
sie im Gürtel oder in der Schürze bei sich.
Je weiter nach Süden, desto mehr machte sich die herrschende Zeitmode geltend (32. 23-30.
46). Bezüglich der Tracht im Allgemeinen kann hier auf den nachfolgenden Bericht über die
deutsche Tracht hingewiesen werden, da sie mit derselben übereinstimmte. Ueber besondere Eigen-
heiten in der männlichen Volkstracht scheint uns abbildlich nichts überliefert worden zu sein; bezüg-
lich der weiblichen Volkstrachten aber sind wir besser unterrichtet. Das Brautkleid vornehmer
Mädchen im südlichen Norwegen (31. s. 9) glich noch in der letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts
völlig der weiblichen Tracht, welche im ersten Drittel dieser Epoche in Deutschland herrschend ge-
wesen. Zahlreiche Abbildungen lassen überhaupt bemerken, dass die Modeformen, welche sich in
Deutschland bereits ausgelebt hatten, in Schweden und Norwegen um einige Jahrzehnte länger als dort
beharrten. Kostüme, welche dem 15. Jahrhundert angehören, finden sich noch unverändert in skandi-
navischen Bildwerken aus dem 16. Jahrhundert (32. 146). Um auf jenes Brautkostüm zurückzukommen,
sei noch hinzugefügt, dass als Kopfschmuck eine unseren heutigen Brautkränzen ähnliche Guirlande
von Blumen und Blättern üblich war; diesen Schmuck trugen auch die zahlreichen Brautjungfern. Die
Hottcuroth, Trachten. n. Band. 2. AuH. 9