gewann er umgekehrt unter den Frauen von Rang eine solche Länge, dass dieselben, nur um frei
ausschreiten zu können, seine Ueberfülle unter den Arm heraufnehmen mussten; nur tagewerkende
Frauen verkürzten ihn zu einer kleinen Umlage, bürgerliche Frauen aber bedienten sich statt des
Mantels eines faltenreichen, ringsum geschlossenen oder auch vorn herab geöffneten Ueberhanges
(28. a1. vrgl. 40. 11). Um diese Zeit Enden sich die ersten Schürzen abbildlich dargestellt (29. 25).
Als Kopfbedeckung blieb noch der Männerhut üblich (29. s) oder das einfache Kopftuch entweder als
faltiger Umhang (29. 23. 24. 35. 37) oder auch unter dem Kinne hergenommen und in anmutiger Weise
um die Wangen gefältelt (29. 25). Ausserdem trug man auch Hauben, einfache, welche glatt anlagen
(29. s), oder solche, die wie ein Hut gestaltet waren, dessen Kopf sich gleich einer Gugel in einen langen
Zipfel fortsetzte, während die Krempe, aufgesteift zu einem breiten Schirme, dachartig über die
Stirne vortrat, hinterwärts aber tief in den Nacken herabstieg (29. 22). Daneben gab es noch
gugelartig gespitzte Kopfbunde (29. 2), welche das Gesicht völlig umschlossen und bis auf die
Schultern herabgingen; diese wurden jedoch nur von verheirateten Frauen getragen. Das Haar beliess
man im Ganlen Ohne Weitere Wandlung entweder frei herabfallend oder in Zöpfe geflochten und diese
um den KOPf zusammengelegt; S0 angeordnet wurde das Haar vom Kopfbunde völlig verdeckt. Die
Fussbekleidung blieb die alte; von der schmückenden Zuthat an Zaddeln und Schellen scheint das
weibliche Geschlecht keinen so ausschweifenden Gebrauch gemacht zu haben, wie dies in Deutsch-
land geschah; wenigstens lassen die Abbildungen nichts davon erkennen.
Im 15. Jahrhundert verirrte sich die Lust an engen Kleidern bis zur Schamlosigkeit. Die
Abbildungen, welche diesem Zeitraume angehören, sind an Zahl geringer als die der abgelaufenen
Epoche und zum Teil nicht einmal im Lande selbst verfertigt; doch sind sie genügend, um die
beiläuüge Uebereinstimmung der skandinavischen Tracht mit jener der südwestlichen Nachbarn
erkennen zu lassen. Die Kleidung der Männer während der ersten Hälfte des Jahrhunderts
zeigt, unter Beibehalt der weiten und langen Uebergewänder, das bis zum Unsinn gesteigerte Be-
streben, den Körper immer schärfer einzuschnüren. Es gab Beinkleider aus elastischen und derben
Stoffen; jene schlossen sich bequem oben um den Körper an; bei den derbstofngen Beinlingen
aber half man sich dadurch, dass man beide Hosenbeine hinten durch einen langen eingesetzten
Zwickel verband, während man vorn für die Geschlechtsteile einen besonderen Behälter in Form
einer flachen Kapsel anbrachte (32. 17. vrgl. 41. 2. 19). Die Schecke oder der Lender, wie dieser
Rock unter Leuten ritterlichen Standes genannt wurde, blieb vorläufig noch ziemlich unver-
ändert, nur seine Aermel erhielten verschiedene Formen. Man machte die Aermel mehr oder
minder weit (vrgl. 37. 7), gestaltete sie auch als völlige Säcke, welche unten geschlossen waren, und
versah diese mit einem besonderen Schlitze zum Durchstecken der Arme (vrgl. 40. a); so an-
geordnet machte sich freilich noch ein zweites Paar Aermel als Unterärmel nötig; dieses wurde ent-
weder am Rocke selbst befestigt oder es gehörte zu einer besonderen Unterjacke. Die burgun-
dische Mode, die Achseln mit Watte auszustopfen und zu überhöhen, fand in Skandinavien
ebensowenig wie in Deutschland Eingang. Das niedere Volk wurde von dieser unbequemen Mode
überhaupt nicht berührt, sondern verblieb bei seinem altgewohnten Röcke, der bis gegen die
Kniescheibe reichte, einen langen Brustschlitz hatte und gegürtet wurde (30. i). Bei der allzu-
knappen Untergewandung waren die langen verhüllenden Oberkleider nötiger als je. Man behielt
sie aus diesem Grunde fast unverändert bei, wenn man auch die Namen teilweise veränderte. Bei
weitem das gebräuchlichste Uebergewand unter beiden Geschlechtern aller Klassen blieb die Huppe-
lande, jener Rock, Welcher vorn herab völlig offen war und mit einem Gürtel oder einer Schnur
geschlossen wurde (30. 11. 22). Ebenso beliebt blieb der-ringsum geschlossene Oberrock, welcher
vom Halse bis zur Brust einen Schlitz oder ein dreieckiges Kopfloch hatte (30. 2. 4. s), mit
massig weiten Aermeln oder nur mit Armschlitzen versehen war (30. 10) und nach Belieben gegürtet
wurde (vrgl. 28. 48. 40.12). Aus diesem ringsum geschlossenen Ueberrocke ohne Aermel ent-
wickelte sich der sogenannte "Tappertu, welcher in der Folgezeit die allgemeine Gunst erlangte (vrgl.