Mittelalters als notwendige Ergänzung im Einzelnen nachgeschlagen werden. Es war vor Allem das
niederdeutsche Kostüm, wie solches sich an den Küsten der Nord- und Ostsee herausgebildet
hatte, welches bei den Skandinaviern willkommene Aufnahme fand, da es dem Klima sowie ihrer
Hauptbeschäftigung als Seefahrer besser entsprach als das hochdeutsche; das letztere war Luxus-
tracht. Man kann behaupten, dass das deutsche Kostüm eher eingewandert ist, als die Deutschen
selbst. Schon im 11. Jahrhundert, namentlich unter Olaf dem Ruhigen, hatten sich mit dem
steigenden Luxus auch die neuen Moden entwickelt. Die Kostüme wurden entweder fertig ein-
geführt oder doch nach fremden Mustern im eigenen Hause beschafft. Die skandinavischen Eigen-
heiten, welche uns in den abbildlich überlieferten Kostümen begegnen, sind nur Abänderungen,
wie sie das nordische Klima verlangte. Im Grunde genommen ist nur das Kostüm der hoch-
nordischen Völker, der Lappen und Finnen, als urtümlich zu betrachten; nur dieses wurde von
altersher ausschliesslich durch das Bedürfnis und niemals durch fremde Moden bestimmt.
Es ist vorauszusetzen, dass die Leute aus dem Volke, namentlich die Ansiedler in den
weltverlornen Gebirgsthälern, von lder Mode nur wenig berührt wurden. Sicherlich trugen diese
auch noch im 13. Jahrhundert die altväterischen Leinwandhosen, welche um die Beine verschnürt
wurden, oder die kürzeren Hosen mit Strümpfen, sowie den Rock, der zugleich Hemd war (28. 1),
darüber nach Bedarf eine Felldecke, den Feldr, in beliebiger Weise umgeschlagen (28. 5), oder statt
der Decke einen zweiten Rock mit fester oder besonderer Kapuze, mit langen Aermeln oder auch nur
mit Armschlitzen (28. 2), Schnürschuhe an den Füssen und auf dem Kopf einen Hut mit hängender
Krempe. Das Oberkleid mit Kapuze wird unter allen Ständen dieselben Wandlungen durch-
gemacht haben wie auch in den südwestlichen Nachbarlanden (vrgl. 6. 23. 25. 18. 22. 24. 33. s. 34. 7).
Den wenigen Abbildungen aus jener Zeit zufolge trugen die Mann er aus den besseren Ständen (28.
c. s) knappanschliessende Langstrümpfe oder Beinlinge ohne Schuhwerk, aber vermutlich mit einem
Lederstücke auf den Sohlen, einen Rock, welcher bis an die Kniee oder Fussknöchel reichte, und
einen rechteckig zugeschnittenen Mantel, die Juden ausserdem den spitzen Hut (28. 7. s). Das Haar
liessen die freien Skandinavier lang auf die Schultern herabfallen, während Knechte und unfreie Leute
gezwungen waren, es kurz zu verschneiden Ebenmässig verhielt es sich damals mit der
Weiblichen Tracht. Die Frauen trugen, wie dies auch unter den deutschen Frauen üblich, als
Hemd wie als Hauskleid ein bis auf die Füsse fallendes oder auf dem Boden schleppendes Gewand
(Fig 14. 2) mit langen engen Aermeln und weitem, bis auf die Brust ausgeschnittenem Kopfloche,
das mit einem Tuche verhüllt wurde, und über dem Hausrocke nach Bedarf einen zweiten, gewöhnlich
etwas kürzeren Rock (28. a. 4. vrgl. ll. 2. 21); der letztere umschloss den Körper bis auf die Hüften
herab ziemlich genau (Fig. 14. 1) und war mit kurzen Aermeln versehen (28. s) oder mit langen
Aermeln, welche sich nach unten hin bedeutend erweiterten (28. 4. Fig. 14. a. vrgl. 8. 11. 11. 20.
19.12. 1a). Vornehme Frauen liebten ihren Hausrock am Ende der Aermel mit goldenen Borten,
auf der Brust aber unter der Halsgrube mit einer grossen Agraffe besetzt (28. ii. 19. vrgl. 33.
1a. 14); um dem oberen Teile des Kleides einen festen Anschluss zu geben, verschnürten sie es
unter beiden Achseln mit Nesteln (vrgl. 11. 20). Das lange Haar banden sie in die Höhe und um-
wanden Kopf und Hals nach altgermanischer Sitte, welche schon unter den angelsächsischen Frauen
herrschend gewesen, mit einem feinen Tuche (28. a. vrgl. 4. 1a. 22), oder sie wickelten das Tuch turban-
artig alS Haube um den Kopf; auch pflegten sie ein kleineres Tuch wie einen Schleier einfach über
den Hinterkopf zu hängen; Jungfrauen aber liessen das Haar frei (28. 4) oder mit einem Hute bedeckt
hembfauen- Diese Tracht entspricht durchaus der Schilderung, welche das nRigsmaalu von einem fürst-
liChell Eheweibc giebt: wAuf dem Haupt die Haube, am Hals ein Schmuck, ein Tuch um den Nacken,
Nesteln an (unter) der Achseln -und an einer andern Stelle: vvim Sehleielßsass Sie, ein Gesehmeid
an der Brust, die Schleppe wallend am blauen Gewand (Hemdyi. Als Schutzkleid bedienten sich die
Frauen des altgewohnten Ueberhanges, welcher obenher ringsum geschlossen, seitwärts in der
unteren Hälfte dagegen aufgeschnitten war (28. s. vrgl. 4. 1a. 19. s), bei feierlichen Gelegenheiten
Hottenroth, Trachten. n. Band. 2. Aufl. 8