kaum noch von der weiblichen Tracht unterscheiden liess. Selbst in betreff der Schuhe herrschte
Uebereinstimmung; die Frau war fast nur noch an dem Wimpel erkennbar, welchen sie sich um den
Kopf schlang; darüber legte sie als Schutzkleid die mit einem geschlossenen Kragen (vrgl. 19. a) oder
offenen Mantel (19. 12) versehene Kapuze. Beide Geschlechter fuhren fort, sich der streitigen Ge-
webe zu bedienen; die Streifen aber liefen jetzt zumeist wagrecht und glichen Bändern, welche aus
verschiedenen Farben zusammengesetzt waren (19. 11); diese Bänder wiederholten sich an feineren
Gewändern nur in grossen Abständen gewöhnlich so, dass eins davon um die Mitte, ein zweites um
den unteren Teil des Gewandes lief. Auch huldigte man der Freude an bunter Erscheinung durch
verschieden gefärbte, besonders grüne und rote Aermel, welche man an Tuniken von weissem
Stoffe anzusetzen beliebte.
Wie oft auch die Rückkehr zur Vernunft durch neue Thorheiten unterbrochen wurde, so
nahm die Tracht beider Geschlechter im 12. Jahrhundert gleichwohl eine augenfällige
Wendung zum Besseren. Diese Umwandlung fiel in die Zeit Ludwigs VII. (1137_118()); ihre Ur-
sache war vor allem die klösterliche Gesinnung dieses Königs selbst, welche den Ausschreitungen
der Mode widerstrebte. Die Kleidung verlor ihre Schwerfälligkeit und schloss sich genauer den
körperlichen Formen an, ohne dieselben einzuengen. Damals bildete sich in Frankreich die erste
volkstümliche Tracht heraus, die erste französische Mode, welche auch in Deutschland willkommene
Aufnahme fand; und so ging die Führung in der Mode von den Deutschen auf die Franzosen über.
Die Hauptstücke des männlichen Anzuges im 12. Jahrhundert blieben nach wie
vor Hemd, Beinlinge, Chainse, Bliaud, Mantel und Fusszeug. Das Hemd wurde über den blossen
Körper angelegt. Die Beinlinge oder Langstrümpfe stiegen bis zu den Hüften hinauf und wurden
mit seitwärts angebrachten Schnüren an eine Art vonSchwimmhose, die man nBfUCllCu nannte (breche,
femoralia), festgeknüpft, oder sie umgaben ähnlich unseren heutigen Beinkleiclern zugleich den Unter-
leib (18. 1c); auch die Füsse umschlossen sie oder liessen nur die Zehen frei. Solche völlige Trikots,
welche durchaus von Wolle oder Seide gewebt und zumeist gemustert waren, wurden vorzugsweise
von den oberen Ständen getragen, die Langstrümpfe samt Bruche dagegen von dem niederen Volke.
Unter- und Oberkleid, Chainse und Bliaud, fielen im Anfange des 12. Jahrhunderts bis auf die Füsse
herab (18. 2a). Der Chainse hatte lange, leichtanliegende Aermel (18. 22.324); die Bliaud war häufig
hinten länger als vorn (Fig. 8. 2), in den Aermelii länger als der Arm (l S. 15) und hier von einer grossen,
nicht selten bis auf die Kniee fallenden Weite. Später begnügte man sich, doch nicht durchweg,
mit nur Einem langen Aermel (18. welcher als Muffe diente; dieser sass zumeist auf der linken
Seite. Man pflegte die Bliaud an der rechten oder linken Hüfte heraufzuziehen (18. 21. 2a. 2a).
Nach und nach fing man an, Untcr- und Oberkleid zu verkürzen; man liess das Unterkleid nur
noch bis gegen oder unter das Knie lierabsteigen; das Oberkleid erhielt eine noch mindere Länge
und kurze nur bis an die Ellbogen reichende Aerniel von massiger Weite (23. War das Ober-
kleid ebenso lang als das Unterkleid, so wurde es von den Hüften an bis untenhin auf beiden
Seiten aufgeschlitzt. Beide Röcke beliebte man an den Enden der Aermel sowie am Halsausschnitte
mit Stickereien eingefasst, seltener am unteren Rande, diesen aber in Zacken zerschlitzt. Gegen
Ende des Jahrhunderts verlor das Oberkleid völlig seine Aermel (Fig. S. s); das Kleid wurde aus
einem einzigen Zeugstücke ohne Naht hergestellt und nur mit einem Kopfloche versehen. Der-
gleichen ärmellose Ueberröcke führten verschiedene Namen, als nGanaschea, DSChiQtu u_ S_ Wg Sie werden
auch über den Panzer angelegt (cotte de clievalier); die Schwertriemen liefen alsdann durch einen
der Seitenschlitze nachdem Gürtel, welcher über dem Panzer lag. Waffeln-ficke dieser Art Wurden
besetzt und gefüttert, im Verlaufe des nächsten Jahrhunderts auch auf der Brust mit eingestickten
Wappen und Emblemen verziert. Der Mantel war, wie bisher, entweder ein Halbrund mit nlehr
oder weniger gewölbtem Bogen oder ein Kreisrund mit zwickelartigem Ausschnitte (Fig. 8. 1. a);
das Rechteck war selten geworden. Noch um die Mitte des Jahrhundertg wurde der Mantel auf der
rechten Schulter verhaftelt (18. 21. 23), später aber wurde er von hintenher gleichmässig über beide