V0rder- und Rückenstückes hergestellt wurden (vergl. 24. 12). Die Leiche einer vornehmen Frau,
welche dieser Periode anzugehören scheint, fand sich in vierfache Kleider von Wolle gehüllt, wovon
das oberste mit Fransen besetzt und um die Hüften geschlungen war; die Füsse stacken in Pantoffeln
von Leder ohne Absatz (21. 82), und diese wieder in Schuhen mit Zungen (21. si), welche den im
Thorsbjerger Moore gefundenen ähnlich (1. 13); das Haar war in vier Flechten geteilt.
Wir kommen nun in die Zeit, da die merowingischen Franken über Gallien herrschend
wurden. Erst damals scheint bezüglich des Kostüms das barbarische Element die Oberhand über
das gallo-romanische gewonnen zu haben. Die abbildlichen Zeugnisse fehlen durchaus, die Schrift-
liehen stimmen nicht überein und die zahlreichen Grabfunde in Metall, Glas und Elfenbein erlauben
nur einen misslichen Rückschluss auf die zerstörte Gewandung, deren Schmuck sie gewesen. Es ist
sicher, dass die männliche Bevölkerung Galliens im 6. Jahrhundert noch die kurze Aermeltunika
trug, welche mit bunten Streifen und Scheiben ausgestattet war. Die langen gallischen Hosen waren
völlig verschwunden und durch die römischen Kniehosen ersetzt worden, auf welche indess der alte
Name "Braccae" übergegangen war, sowie durch Gamaschen, welche mit Bändern um die Unterschenkel
geheftet wurden; auch gab es damals eine Art von Strümpfen, welche in den voraufgegangenen Zeiten
noch nicht üblich gewesen, aber in den Schriften mit den althergebrachten Namen „Tibialia" und
"Caligae" bezeichnet werden. In der Kirche zu Delmont befindet sich eine Reliquie des heiligen
Germanus, ein Schuh aus schwarz lackiertem Schafleder (21. a9), dessen Oberleder auf dem Rist in
Gestalt einer Pfeilklinge ausgeschnitten ist, sowie in einen Bügel, der bestimmt war, sich dicht vor
der Fussbeuge um den Fuss zu schliessen; an der Kappe befinden sich zwei Oesen, durch welche
die Binderiemeii laufen; der Absatz ist herzförmig. Schuhe dieser Art wurden im 6. Jahrhundert
„Campagos" genannt. In der Kirche von Chelles bei Paris hat man einen Schuh in Verwahrung,
welcher den gleichen pfeilförmigeii Ausschnitt im Oberleder zeigt (21. 92), aber rechts und links an
den Knöcheln mit Oesen versehen ist zur Befestigung der Schnürriemen, in welche der Bügel sich
verwandelt hat. Dieser Schuh gleicht nahezu einem nun verlorenen Schuhe, welcher ehemals zum
deutschen Krönungsornate gehörte und für eine Arbeit des 12. Jahrhunderts ausgegeben wird
(21. S5). Neben den Strümpfen erschienen iii dieser Epoche zum ersten Male die Handschuhe; sie
wurden „Mants" genannt (wovon das französische gants) und von den Reichen als Schmuck, von
den Armen zur Arbeit getragen. Ueber die damalige Frauen tracht ist keine Ueberlieferung vor-
handen. Gregor voii Tour erwähnt eines gewöhnlich aus Seidenzeug gefertigten Ueberhanges,
,.,Maf0rs" genannt, dessen sich zu seiner Zeit häufig die fränkischen Weiber bedienten und (veicner
den Körper vollständig verhüllte. Ueblich waren noch das Colobium und der Bardocuculus, Ge-
wandstücke, die auch von den Franken angenommen und getragen wurden. (Ueber die königliche
Tracht der Merowinger siehe oben S. 19.)
In der karolingischen Zeit fingen die Unterschiede an zu verschwinden, durch welche
sich gallo-romanische und fränkische Trachten von einander unterschieden. Die 'l'racht der Sieger
vermischte sich niitkjener der Unterworfeneii; aus diesem Grunde kann die fränkische Tracht, wie
sie uns überliefert ist, auch für die Galle-Romanen vorausgesetzt werden. Die Männer trugen da-
mals eine doppelte Tunika, die eine, ein Hemd von Linnen, welches auf.den blossen Körper zu
liegen kam, die andere von Wolle und bei vornehmen Leuten mit Seidenborten besetzt. Dazu
kamen noch Hosen von Leinwand, die hochrot oder blau gefärbt, Schuhe samt Strümpfen und
darüber eine Hülle von Riemwerk, das nicht selten auch von roter Farbe. Ein Mosaikbild im
Lateran zeigt uns den Kaiser Karl in durchweg orangefarbenen Gewändern mit grünem Besatzg
und in grünen Schenkelriemen (18. 7). Die Riemen gingen von den Schuhen aus; diese aber Waren
geschlossen und häufig von vergoldetem Leder. Der Mantel war klein und von gewürfeltem Zeuge;
die Franken zogen dieses Mäntelchen ihrem weiten grauen oder blauen germanischen Mantel vor,
der bis auf die Füsse reichte. Während des Winters pflegte man über die Kleider einen langen
Spenzer von Pelz zu legen, der im Fränkischen uRock", im Latein jener Zeit aber „Pellicium" ge-