Volltext: Trachten (Bd. 2)

Stiefel, letztere nicht selten wie der Rock farbig besetzt (10.18. 19. 23.  Das Haar Wurde kurz 
getragen, das Gesicht völlig rasiert. Die Kleidung der Frauen im 10. Jahrhundert war fast 
noch dieselbe wie im 9.; doch begannen die weiten Aermel der Oberkleider, sonst kurz, bis zum 
Handgelenk, sich immer mehr erweiternd, herabzusteigen (10. 22). Um die Mitte des 10. Jahrhunderts 
gab es neben den langen, weiten Aermeln noch die alten, die mindestens bis zum Ellbogen verkürzt 
waren (10. 21) und die langen engen Aermel des Unterkleides blicken liessen. Der Schmuck bestand 
wie bei dem Männerrocke in Borten an allen Rändern oder mitten über den Körper herab, nicht 
selten auch in zwei viereckigen Scheiben in der Kniegegend (vergl. 19. 1). In gleicher Weise beliebte 
man die Untertunika auszustatten, falls diese ohne eine zweite getragen wurde (10. 25). Das Unter- 
kleid wurde stets gegürtet, das obere schloss sich ohne Gürtung um den Oberkörper an. Das 
Bestreben, den Wuchs zu zeigen, trat schon damals hervor (10. 21), ebenso die Mode, die Ober- 
tunika zu kürzen (10. 22), zwei Merkmale, welche in der weiblichen Tracht des 11. Jahrhunderts vor- 
herrschend wurden. Der Mantel, kreisabschnittförmig und am Saume bordiert (10. 25), wurde wie 
von altersher von hinten über beide Schultern genommen und auf der Brust durch eine Agraffc 
geschlossen; man bedeckte zugleich den Kopf damit (10. 20). Indess wurde schon im Anfange des 
Jahrhunderts ein besonderes Tuch üblich, das man statt des Mantels über den Kopf zu hängen pgegte 
(10. 15. 22), eine Mode, die namentlich bei den Frauen der Angelsachsen Verbreitung fand (4. 18. 22). 
Als Fussbekleidung trugen die Weiber Knöchelschuhe, die stark gespitzt und gewöhnlieh von 
schwarzer, roter oder blauer Farbe waren. Die Tracht der deutschen Könige im 10, Jahr- 
hundert wich hinsichtlich ihres Schnittes nicht von der allgemein üblichen Kleidung ab; doch war die 
Ausstattung eine reichere. Otto II. machte indess mit seiner griechischen Gemahlin Theophano ver- 
mutlich nur um deren Verwandtschaft willen eine Ausnahme. Eine Elfenbeinschnitzerei von einem 
Reliquienbehälter (12. io) zeigt uns den Kaiser und seine Gemahlin in byzantinischer Tracht. Doch 
beschränkte sich das byzantinische Wesen auf den Hof (11.12.13), und blieb ohne Einfluss auf das 
deutsche Volk, das wenig Gefallen daran fand. 
War auch das 11. Jahrhundert noch nicht im _Stande, neue Formen in der Tracht zu 
schaffen, so brachte es doch Einzelnes, was sich im Verlaufe des vorigen Jahrhunderts angezeigt 
hatte, zur allgemeinen Geltung, so   sollte, ein neuer Schnitt für die 
die Hosen, die Beinlinge und die i F15 4' 3 Aermel an der weiblichen Tunika 
doppelte Tunika (11. s. 14-19) bei  3--  und Beispiele Von Kleidern, deren 
den Männern, bei den Frauen    beide Hälften von verschiedener 
die doppelte Tunika (11. 2. 4- 9), von u"    Farbe waren (10. 1a). Die Aermel 
denen die Obere WOhl küFZCY Zu Sei" 2 l") der Frauenröcke erweiterten sich 
pflegte als die untere und im Über-  entweder von eben an nur anmählig 
körPer anschließend, um den Wuchs (11. 2), oder erst im halben Unter- 
Zur Geltung Z" bringen- Auch kün" arme und selbst an der Handwurzel 
digte sich Einzelnes an, was für die (114), dann aber auf einmal (Fig 
Folgezeit von Bedeutung werden  Um ihre Lange weniger 
hinderlich zu machen pflegte man den unteren Teil der Aermel oben etwas kürzer zu schneiden. 
Den festen Anschluss der Tunika im Oberkörper zu ermöglichen, versah man sie im Rücken mit 
einem Schlitze, welcher vom Halsaussehnitte bis in die Kreuzgegend herab lief, und verschnürte 
denSelbenä übeYdiCS gab man dem Vorder- und Rückenteile einen dem Oberkörper entsprechenden 
Schnitt (Fig. 4. 3). Es war dies eine neue und unerhörte Mode, denn die römische Tracht hatte 
die Schaustellung des Wuchses nicht gekannt. Es kam damals ein Leibchen auf (11. 2a. 2a), das wie 
das Unterfutter eines Panzers gesteppt sich knapp um die Büste legte; es war in verschiedener 
Weise ausgeschnitten und wurde hinten oder vorn oder auch an den Seiten verschnürt. Doch scheint 
diese überaus graziöse Tracht weniger unter den deutschen als unter den französischen Frauen üblich 
gewesen zu sein; sie findet sich nur an nordfranzösischen Kathedralstatuen, aber niemals in Miniaturen,
	        
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