karolingisehen Periode Aufschluss geben könnte. Ein Karl dem Grossen zugcschriebenes
Schwert (21. 38) nebst Sporen ist fast alles, was sich an Waffen erhalten hat. Die Gesetze Karls
des Grossen schrieben den Mannschaften Schienen für Arme und Beine sowie Helm und Schild
vor. Damit übereinstimmend berichtet der Mönch von St. Gallen als Augenzeuge, dass der Kaiser
einen eisernen Helm gehabt, seine Arme mit eisernen Platten, seine Schenkel mit eisernen
Schuppen und die Schienbeine mit Eisenschienen bedeckt gewesen wären, dass überdies sein Pferd
von oben bis unten in Eisen gesteckt hätte. Es scheint, dass um diese Zeit die Bronze fast gänz-
lich vom Eisen verdrängt war. Nicht früher als unter Karl dem Kahlen findet man in dessen
illustrierter Bibel einige weitere Anhaltspunkte. Hier erscheinen die Garden Karl's in fast römischen
Gewändern mit den ledernen Panzerriemen der Prätorianer (20. 5); ihr Helm gleicht dem Morian
des 16. Jahrhunderts und hat einen roten Kamm. Ein im Pariser Medaillenkabinet befindliches
Schachspiel, welchem ein karolingisches Alter zugeschrieben wird, zeigt uns einen Krieger zu Fuss,
welcher über Kopf und Schultern eine Art von Kutte mit seitlichen Armschlitzen trägt; die Kutte
ist mit Plättchen dachziegelartig besetzt (20. 2); der Helm führt eine Nasenberge. Eine ähnliche,
zugleich die Schenkel bedeckende Kutte mit kurzen Aermeln trägt ein Reiter desselben Schach-
spieles, statt des Helmes aber ein anliegendes Hirnkäppchen (21. 2); der Reiter führt einen Rund-
schild, der Fussgänger dagegen einen sehr grossen Herzschild. Nach diesen geringen Zeugnissen
hat man versucht, die Tracht eines völlig gerüsteten karolingischen Kriegers wiederherzustellen (10. s).
Die Zeit lag in den Wehen, um den Geist des Mittelalters zu gebären. Der kreisenden
Zeit entsprechend, welche sich aus der Barbarei herauszuarbeiten begann und eine Menge wider-
sprechender Elemente in sich trug, zeigte auch die Kleidung während der Karolingerepoche Halb-
barbarisches vermischt mit Klassischem, Heidnisches mit Christlichem, Germanisches mit Römisch-
Byzantinischem. Der Ausgleich vollzog sich langsam, doch unaufhaltsam und zwar in römischem
Sinne; es war Rom, welches fort und fort nachwirkte; am Ende des 10. Jahrhunderts war die
Kleidung fast bei sämmtlichen Völkern des mittleren und westlichen Europa völlig die gleiche.
Obschon das Reich Karl's des Grossen in zwei Teile zerfallen war, so entstand weder eine deutsche
noch eine französische Mode infolge dieser Trennung. Die spätrömische Tracht, die Tracht mit
Tunika und Mantel, war die allgemeine Mode des Westens geworden. Die Kleidung der Männer
bestand damals aus Hemd, Hosen, Beinlingen, Rock und Mantel. Das Hemd (11. ii) war von Leinen
oder Hanf und wurde in ziemlich weite, um die Hüften gegiirtetc Hosen untergesteckt (11. 10);
über diese Hosen zogen besser gestellte Leute noch Beinlinge an; es waren dies lange, häufig aus
verschieden gefärbten YVoll- oder Leinenzeugen hergestellte Strümpfe, welche etwa bis in die
halben Oberschenkel reichten und durch Riemen am Leibgurte befestigt wurden (11. 14)- Die Sitte,
die Unterschenkel mit Riemen zu umwickeln, war nicht mehr so allgemein wie früher, wurde jedoch
noch im Anfang des 11. Jahrhunderts selbst von dem Kaiser Heinrich II. beobachtet (11. s). Bein-
linge und Hosen waren unter dem Volke wenig verbreitet; man ging dort noch Jahrhunderte lang
mit nackten Schenkeln einher. Die Tunika reichte bis an oder über das Knie herab, war ziemlich
weit, hatte lange, enge Aermel, ein viereckiges Kopfloch und einen breiten Besatz von möglichst
abstechender Farbe oben und unten am Saume sowie am Ende der Aermel, häufig auch unten an
beiden Seiten (10. 23. 24). Die hinderliche Länge des Rockes pflegte man durch Heraufziehen des-
selben bei der Gürtung nach Belieben zu vermindern. Der Mantel wurde noch immer halbkreis-
förmig oder rechteckig zugeschnitten und auch nach alter Sitte angelegt, nämlich über die linke
Schulter und auf der rechten befestigt (10. 23); er war von Wolle, bei sehr reichen Leuten von Baum-
wolle oder Seide; im Volke aber begnügte man sich bei unfreundlicher Witterung mit einer groben
Decke, welche zugleich über den Kopf gelegt wurde; im allgemeinen ging Reich und Arm barhäuptig
einher, doch war der Hut nicht unbekannt; unter den Sachsen waren damals sogar breitkrempige
Strohhüte üblich, indess, wie es scheint, mehr unter den Kriegsleuten. Der Fuss wurde durch die
strumpfähnlichen Beinlinge geschützt (10. 24); aber es gab auch geschlossene Schuhe und Strumpf-