Volltext: Trachten (Bd. 2)

Bandschleifen (117. 1a. 20); unter die Jacke legte man ein die untere Brust umschliessendes und hinten 
verschnürbares Leibchen von hellerem Stoff (118. 4. 10), um die Taille eine schmale farbige Binde. 
Es regte sich ein neuer Geist, der von den engen mit Fischbein gepanzerten Schnüribrüsten, 
den Hüftkissen, Reifen und den hundert Spielereien mit Volants, Spitzen und Falbeln nichts mehr 
wissen wollte; dieser Geist wehte von England herüber; dort hatte man sich mit den zurück- 
geschlagenen Manteaus und den Reifröcken niemals recht befreunden können; man hatte die Schoss- 
jacke zu einem langen Rocke vergrössert und diesen vorn herab mit grossen Knöpfen verschliess- 
bar gemacht, sodann mit langen engen Aermeln versehen und an den Seiten mit Taschen. Ausserdem 
hatte man die Röcke vorn zum Uebereinanderschlagen eingerichtet. Die Jacke beliebte man mit kurzem 
Schosse, leicht wattiert, und an der Rückennaht mit zwei Fischbeinstäbchen gesteift, vorn tief 
ausgeschnitten und obenher mit einem Knüpftuche bedeckt; dazu gesellte man ein grösseres Tuch, 
das man unter dem Busen kreuzte und rücklings verschleifte, das nFichuu. Diese Tracht ging nach 
Frankreich hinüber (117. 17. 118. 11), wo dann der Geist der Neuerung in so gewaltige Gährung kam, 
dass er endlich mit allen Ueberlieferungen brach. Leicht und ungezwungen fiel nun das faltenreiche 
zumeist weisse Kleid bis auf die Füsse, sich nach untenhin erweiternd (118. 7) und bequem um den 
Leib mit einer farbigen Schärpe zusammengefasst. In Kurzem rückte man die Taille bis dicht 
unter die Brust hinauf (118. 11), diese fast gänzlich unbedeckt lassend, verkürzte die Aermel und 
umschloss sie bald mit weiten Achselpuffen; auch gab man dem Kleide von oben bis auf die Hüften 
einen knappen Anschluss und verlängerte es hinten zu einer Schleppe. Das Kleid, nun vTunikau 
geheissen, war zumeist weiss mit farbigem Saume. So einfach der Schnitt, so gross war sein 
Wechsel; es entstanden Uebertuniken, die ganz wie die Tunika geschnitten, nur kürzer und vorn 
herab offen waren. Zuweilen beliebte man das linke Vorderstück in eine schlanke Spitze geschnitten 
und diese an der rechten Seite oben unter das Gürtelband gesteckt (118. 15); zuweilen auch das 
ganze Kleid zum Uebereinanderschlagen gemacht und dicht unter der Brust vergürtet (11816); so 
erhielten diese Ueberkleider ein griechisches Aussehen, ohne nach griechischem Muster zugeschnitten 
zu sein; auf sie ging der Name Tunika über, während das Hauptgewand nun einfach wKleid-r oder 
nRobea genannt wurde. Die entblösste Brust machte bei dem ungriechischen Klima noch andere 
Obergewänder nötig; es kam ein sSpenzeru auf (118.  eine kurze, mannigfach gestaltete Jacke 
von farbigem Atlas oder Sammet, nach Bedarf mit Pelzwerk verbrämt oder mit Schwan besetzt, 
in den Aermeln meist lang und eng; ebenso ein langer schlafrockförmiger Pelz mit langer Schleppe. 
Die Robe bewahrte ihre Form etwa bis 1810; dann verlor sie allgemach ihre Schleppe und ihr 
faltiges Aussehen (118. 11); sie wurde von faltenloser Enge und liess die Füsse völlig frei; die 
Taille, wie man nun das Leibchen benannte, stieg seit 1812, bis sie den Hals erreichte. Die Aermel 
blieben an der Achsel gebauscht und häufig kurz; doch wurden sie auch lang gemacht und nicht 
selten über den ganzen Arm herab in Bauschen gerafft (118. 1a) oder vorn ihrer Länge nach auf- 
geschnitten und über einem feinen Futterstoffe mehrfach verknöpft. Die Tuniken waren verschwunden, 
der vorn herab geöffneten Kleider aber gab es verschiedene neben dem Spenzer; eines davon, 
vDouilettee genannt, glich der Robe in Faltenlosigkeit, Länge und Aermeln; es wurde unter der 
Brust mit einer Gürtelschnur zusammengebunden (11819); ein anderes, der nPardessusu, der von 
bequemer Weite war, erhielt seit 1812 einen breiten farbigen Umschlag und geraffte Aermel (118. 1a). 
So blieb das Kleid bis 1820, kurz, die Füsse freilassend, mit hoher Taille und völlig ge- 
radem Schnitt, in gespannter Enge am Körper sitzend, nur mit einem Blumenschmucke heraus- 
geputzt. Dann wurde die Taille allgemach tiefer gerückt, doch unten gerade belassen und oben tief 
ausgeschnitten, der Rock nach unten hin erweitert und durch einen gesteiften Unterrock in seiner 
Trichterform gehalten, an Achsel und Oberarm aber mit stark anschwellenden Federkissen oder 
korbartigen Gestellen unterpufft (119. 7. s. 10. 11). In dieser Richtung ging es weiter; um 1830 zeigten 
die Aermel die Form von Schinken; sie waren oben von grosser Weite, vom Ellbogen oder halben 
Unterarm an verengt und unten am Handgelenke fest anschliessend (119. 1a); die Taille sank immer
	        
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