Volltext: Trachten (Bd. 2)

Netz musste bald vor der Krause weichen; man steckte nun das Haar mit langen Nadeln in die 
Höhe und befestigte es mit Kopfreifen und Perlenschnüren; auch trug man es glatt gescheitelt und 
hinten bauschig aufgesteckt (93. 7). Barette und kleine Hütchen, mit Goldschnüren und Federn 
ausgeputzt, wurden mit Nadeln am Haare festgesteckt (93. 18). Die Schuhe waren den männ- 
lichen ähnlich; man pflegte beim Ausgehen noch dicksohlige Unterschuhe anzulegen (94.14). 
Die Wandlungen, welche die weibliche Tracht in der zweiten Hälfte des 
16. Jahrhunderts durchmachte, waren nicht bedeutend. Das Leibchen wurde jetzt häufig 
vorn herab geöffnet und verknöpft (93. 21), sein Stehkragen zuweilen offen belassen und mit dem 
oberen Rande ein wenig nach aussen gebogen. An den Achseln erhielt das Leibchen einen aus- 
gestopften Wulst, oder hier, wie auch am unteren Rand, einen gelappten Vorstoss. Die Hänge- 
ärmel waren so lang, als der Arm, und von kahnförmiger Gestalt (93. 11. 20); Sie nahmen im unteren 
Armviertel nahezu plötzlich an Weite dergestalt ab, dass man sie hier um das Handgelenk schliessen 
konnte; die Schlitzränder waren gerade; hinten herab sass eine zweite Naht. Zuweilen erschien der 
Aermel hinterwärts zu einer Reihe von Querbügeln geschlitzt und ausgeschnitten (93. 21). Das vom 
Leibchen an gespaltene Ob erkleid wurde vorn kürzer gemacht als das Unterkleid, hinten aber zu 
einer Schleppe verlängert (93. 20), das Untergestell jedoch nicht mehr glockenförmig gemacht, sondern 
hinten weiter vom Körper abstehend als vorn. Das zweite von oben bis untenhin geöffnete lVrber- 
kleid erhielt vorn herab einen schmalen kragenförmigen Umschlag (93. 20); aus seinen Norder- 
blättern schnitt man in Taillenhöhe einen oben und unten gespitzten Zwickel heraus und nä' .1 die 
Schnittränder der Oeffnung zusammen (Fig. 43. 20), so dass sich das Kleid besser an die Taille 
schloss. Zog man beide Ueberkleider an, so blieb das untere ohne Hängeärmel; die Arme selbst 
wurden von den engen, etwas wattierten Aermeln des Unterkleides bedeckt (93. 20). Hals- und 
Handkrause wuchsen; Schuhe, Frisur und Kopfbedeckung aber änderten sich fast gar nicht. 
Die Volkstrachten wiesen eine Vermischung von Resten urväterlicher Trachten mit 
modischen Bestandteilen auf und wichen bedeutend von einander ab. In Granada herrschte das 
arabische Muster vor; junge Mädchen (94. 12) trugen daselbst Hosen, die sie an den Unter- 
schenkeln umschnürten, auf dem Oberkörper aber nichts als ein offenes Mäntelchen mit Arm- 
schlitzen, auf dem Kopf ein Tuch und darüber eine Rundmütze mit einem dicken Reife von Holz 
oder Kupfer; dies war ihre Haustracht; beim Ausgange legten sie einen ringsum geschlossenen 
Glockenmantel an (94.14), sowie Halbstiefel, die rundum unter den Knieen geschlitzt und unten 
mit angebundenen Holzsohlen verstärkt waren. Vornehme Granadinerinnen (94.13) trugen 
sich modisch, den kurzen Mantel aber in Längsfalten zusammengeschoben, von hintenher umgelegt 
und mit zwei Schnüren an jedem Arme befestigt. Die männliche Tracht in Granada hatte jedoch nichts 
maurisches; sie bestand aus Hosen, sandalenartigen Schuhen, kurzem Aermelrock, noch kürzerem 
Mantel, der vorn zusammengefasst wurde, und einem niederen Hute, dessen Krämpe hinten auf- 
geschlagen war, vorn aber gerade abstand. Die Galicier (94. 11) trugen weite, unten offene Hosen 
sowie Aermelröcke und lange Mäntel. Ebenso kleideten sich die Navarresen (94. 1a), nur trugen 
sie modische Kniehosen mit Oberschenkelpuffen und Strümpfen. Die Frauen in Biscaya (94. 0) 
führten einen hohen, gespitzten, aus einem Schleiertuche zusammengedrehten Kopfputz und zwar 
mit einem Stirnband über einem zweiten Kopftuche befestigt, das Hals und Schultern bedeckte. 
Der Kopfputz der Frauen von Toledo (94. 2) glich einem eingedrückten ovalen Turban und war 
aus weissem Filz hergestellt. Die weibliche Trauerkleidung bestand in einem schwarzen Rocke 
mit einer bis zum Knie reichenden Mantille und einem weissen Schleier, der hinterwärts tief herabfiel; 
darüber kam ein schwarzer langer Mantel und ein grosser schwarzer Hut, der mit einem Kinnbande 
befestigt wurde. Der Statthalter des Königs (93. 10) trug als Amtskleid einen langen violetten 
Talar mit Flügelärmeln, der vorn herab mit Knöpfen und Litzen verschliessbar war, und einen 
darüber gelegten kurzen braunen oder schwarzen Mantel.
	        
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