Volltext: Trachten (Bd. 2)

gezogenen Oberhosen, welche gegen die Kniescheibe reichten und mehrfach geschlitzt waren, in 
ein knappes ebenso geschlitztes Schosswams oder einen verknöpfbaren Rock und in jene schauben- 
artigen Ueber- und Umwürfe mit Armschlitzen oder Aermeln (vergl. 86. 1. s. 14.  87. i. 1. 98.1), 
welche in ganz Italien von buntgemusterten Stoffen beliebt waren. Als nationales Gewandstück 
konnte nur der ärmellose, jetzt wTavardou genannte, Loba (92. 7) gelten, welcher weit, faltig und mit 
grossen Armlöchern versehen, auch als ritterliches Kleid in Ehren blieb (92. 20); ferner ein kurzer, 
weiter oder knapper Mantel (vergl. 93. 9. 16) von farbiger Seide oder Sammet, mit kurzem Steh- 
kragen oder aufliegendem Schulterkragen sowie einem Schmuck von Randborten und goldenen Binde- 
schnüren. Vielleicht, dass dieses Kostümstück aus dem kurzen Umhange sich entwickelt hat, der sich 
schon im 14. Jahrhundert verbildlicht Findet (91. 29. a1). National war auch noch die turbanförmig 
um den Kopf gewundene Binde (92. 2); doch gewannen barettartige Mützen, randlos oder nur 
schmalumrandet, sowie höhere Krämpenhüte allgemeine Verbreitung. 
Auch die weibliche Tracht verfiel im 1 5. Jahrhundert der französischen Mode, doch 
nicht so völlig wie die männliche. Noch Jahrzehnte lang beliess man den Kleidern ihre althergebrachte 
Form (92. i. s. s); dann öffnete man das Oberkleid vorn seiner ganzen Länge nach, besetzte 
alle Ränder mit Pelz und schloss das Kleid um die Taille mit einem Gürtel (92. 11-12). BruSt und 
Hals wurden sorgfältig mit einem feinen Tuche verhüllt. Der tiefe dreieckige Ausschnitt mit 
dem schmalen nach untenhin gespitzten Umschlagekragen am Saume, der bis zum Gürtel herab- 
stieg, und dem eingesteckten Brustlatze wurde nicht so häuhg angewendet wie in Frankreich, noch 
seltener aber der artige Sürkot mit dem Hermelinleibchen (s. oben S. 154-157). Gegen Ende des 
Jahrhunderts setzte man nach italienischer Sitte das Kleid ungeöffnet und faltig an ein kurzes glattes 
Mieder (92. 1a. 14), schlitzte auch die Aermel vielfach mit kurzen Schnitten oder zerlegte sie der 
ganzen Länge nach in schmale Riemen, fasste diese in gleichen Zwischenräumen mit goldenen 
Knöpfchen zusammen, und liess durch alle Schlitze die feinen weissen Unterärmel als Puffen her- 
vortreten. Nur der mantelartige Ueberhang mit den langen Seitenschlitzen und dem aus- 
gesteiften hohen Stehkragen (92. e. s) bewahrte der weiblichen Tracht ihr spanisches Gepräge; doch 
beliess man den Umhang in dieser Form nur etwa bis in die Mitte des Jahrhunderts; dann gab 
man ihm statt der langen Seitenschlitze kürzere Durchstecköffnungen für die Arme, beseitigte auch 
den Kragen und liess das Kleid bis unter die Kniee und selbst bis auf den Boden herabsteigen 
(92. 14. 22). Aus diesem Umhange hat sich die nMantilleu entwickelt, die noch gegenwärtig ein 
beliebtes Kostümstück der Spanierinnen ist. Mit der Neige des Jahrhunderts kamen aus Italien die 
steifen Brokatkleider in das Land, welche sich taillen- und faltenlos von oben nach untenhin er- 
weiterten (93. z. vergl. 87. 15) und seitwärts völlig aufgeschlitzt waren oder nur passende Löcher 
für die Arme hatten, desgleichen die weiten und langen Gewänder aus feineren Stoffen (92. 15. vergl. 
87. 10), beide Röcke aber ohne den in Italien beliebten tiefen dreieckigen Brustausschnitt. Das 
Haar scheitelte man oder strich es rings um das Gesicht zurück; hinten fasste man es zu einer 
dicken Strähne zusammen, umkleidete diese mit einem strickförmigen Sacke von weisser Seide 
und umwickelte diesen kreuzweis mit farbigem Bande (92. 1a), ganz so, wie es die Neapolitanerinnen 
machten (vergl. Fig. 40. i). Auch steckte man das Haar, geflochten oder ungeilochten, in ein weites 
Sacknetz, häufig auch in ein langes Zipfelnetz, das fast den Boden berührte, und unterband dasselbe 
zu einer Reihe von Puffen (92.  Das in Katalonien heute noch heimische Haarnetz, die nRede- 
cillau, scheint aus diesem Netz entstanden zu sein. Die wunderlichen Kopfpütze der Nachbarländer 
fanden in Spanien keine freundliche Aufnahme; man blieb hier bei dem kleinen Schleiertuche, 
das die Schultern berührte und gelegentlich zur Verhüllung des Halses benutzt werden konnte 
(92. 11. 12. 15). Die Schuhe waren lange Zeit scharf gespitzt, später nur mässig.' Die Holzpantof- 
feln mit den zollhohen Klötzen unter Ferse und Ballen, wie sie die französisch-burgundische und 
deutsche Mode beliebte, ersetzte man durch dicke Sohlen, die allmählig bis zum Schlüsse dieser 
Periode über eine Handbreit hoch wurden (92. H).
	        
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