Volltext: Trachten (Bd. 2)

io. 12. 1a. 21) mit faltigem, nach Belieben überwendlich angesetzten Rocke, welcher nur gerade den 
Boden berührte und verschloss es beliebig vorn oder auf einer Seite (88. 15); der Brustausschnitt ging 
von Schulter zu Schulter, tiefbogig oder viereckig; die Brust blieb hier zumeist unbedeckt, doch 
benützte man auch Kragentücher, die unten und an den Seiten her gefältelt, oben aber mit 
einer Halskrause besetzt waren. Die Aermel liess man bis an das Handgelenk reichen, das man 
beliebig mit einer Krause umschloss; man machte die Aermel anliegend oder bauschte sie im Oberarme 
oder nur an der Achsel; die Achselbausche wattierte man faltenlos; aus der Oberarmbausche aber 
machte man zuweilen durch Unterbindung zwei Bauschen wie am männlichen Rocke. Oft gehörte 
nur der gebauschte Aermel zum Oberkleide, das anschliessende Stück aber zum Unterkleide. Neben 
den einfachen passenden Aermeln kamen auch solche auf, welche länger und weiter waren als 
jene; diese löste man mit Längsschlitzen in schmale Riemen auf, schob sie auf die nötige Armlänge 
zusammen und unterband sie mehrmals der Quere nach so, dass der Arm von unten bis obenhin 
mit geschlitzten Wulstkränzen umgeben erschien (88. is). Auch schnitt man die weiteren Aermel 
vorn oder hinten auf und verknüpfte sie ein- oder mehrmals über einem weissen Unterfutter (88. 9) 
oder liess sie frei herabhängen. Die alten Umhänge behielt man bei, den langen Schultermantel 
mit und ohne Kragen und Kapuze und den schaubenartigen Ueberzieher mit Armschlitzen. In Mai- 
land, Rom und Neapel, gewann der spanische Schultermantel die grösste Verbreitung (s. unten). Nur 
jungen Venetianerinnen eigentümlich war ein an beiden Seiten geschlitztes Ueberkleid von weisser 
Seide, das schürzenartig umgebunden wurde (88. 9). Von allen Kopftrachten der abgelaufenen 
Periode erhielt sich neben den Käppchen und Mützchen, den Netzhauben und Haarsäcken fast 
nur der wulstige Balzo (s. S. 168), welcher nun auch von den Frauen getragen wurde (88. 10. is), 
in Venedig bis zum Ablaufe des 16. Jahrhunderts, und eine dem Balzo ähnliche Haube, wGabbiea 
genannt, die gleichfalls aus Kupferblech mit farbigem Seidenbezuge hergestellt wurde und, auf das 
Hinterhaupt gesetzt, wie eine stumpfe Mondsichel darüber emporstieg (88. 12). Um diese Zeit wurde 
auch der Strohhut landesüblich. Kein Kopfputz aber fand so vielfache Verwendung wie der 
Schleier aus weissem oder schwarzem Flore (88. 15. 19). Man trug die spiralisch um den Hinter- 
kopf oder über die Ohren gewundenen Flechten zugleich mit glattem, welligem oder aufgelockertcm 
Haare, dazu mancherlei Flitterwerk an Perlenschnüren, Reifen, Blumen und Bandschleifen. Die 
Schuhe blieben mässig gespitzt.  
Die weibliche Tracht in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zeigte sich 
im Ganzen genommen weniger der spanischen Tracht nachgebildet als die männliche; sie vermied 
namentlich deren Faltenlosigkeit. Der Unterrock erfuhr kaum einen Wechsel; in Belluno 
schnitt man ihn von der Taille bis untenhin auf und verschloss ihn mit Knöpfen oder Bändern; so 
machten es auch in Venedig die Kurtisanen (89. 17). Das Leibchen, sonst untenher gerade ab- 
geschnitten, stieg um die siebziger Jahre vorn, seltener zugleich auch hinten mehr oder minder 
tief herab, rundlich oder mit einer Spitze; es wurde entweder mittels eines Schnürzuges im 
Rücken geschlossen, oder vorn herab der ganzen Länge nach mit Haken oder Knöpfen. Vorzugs- 
weise in Venedig kamen auch Leibchen vor, die vorn herab breit ausgeschnitten waren und über 
einem besonderen Unterleibchen oder einem passenden Latze oder Blankscheite (Fig. 39. 11) ver- 
schnürt wurden, einfach oder kreuzweis. Das rückwärts verschnürbare Leibchen hatte eine drei- 
teilige Einlage aus dünnem Eisenbleche (Fig. 39. s); das Bruststück derselben war aus schmalen 
Spangen zusammen genietet, unten nach der Mode gespitzt und oben zu zwei Kapseln für die Brüste 
ausgeweitet; die beiden Seitenflügel drehten sich in Scharnieren und legten sich unter den 
Achseln her um den Rücken, wo sie verschnürt wurden; sie waren im Ganzen zugeschnitten aber 
siebartig durchlöchert, um sie geschmeidig zu machen._ Der Schnürzug wurde in das Futter ein- 
gesetzt, das von Sammet war, und durch das Ueberzeug verdeckt, das man über ihn herab ver- 
knöpfte oder zuhakte. Gegen Ende des Jahrhunderts kam die Sitte auf, das Leibchen auf der 
Vorderseite hoch zu wattieren und zwar so stark, dass es über dem Magen mit einer Wölbung nach
	        
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