fenster (fenötres d'enfer) nannte. Der an den Seiten tief und lang ausgeschnittene Sürkot behielt
im Allgemeinen seine hergebrachte Form; um 1370 trug man ihn bei schmalem Bruststücke mit
breitem Rückenstücke (Fig. 36. 4. 5), das mit drei breiten Falten in den unteren Teil des Kleides
überging. Gegen Ende des Jahrhunderts traten noch andere Nebenformen des Sürkot auf; man
hängte statt des völligen Rockes nur dessen aus Pelzwerk hergestelltes Oberteil in Gestalt eines be-
sonderen Leibchens über das Unterkleid (75. (s) und versah das letztere statt mit dem Gürtel nur mit
einer den Gurt nachahmenden Stickerei. Auch Aermel setzte man oben in die Seitenauschnitte des
Sürkot, welche ganz wie die Aermel des Oberkleides als Halbärmel mit Bandstreifen gebildet
waren (73. 24). Das Oberkleid selbst, die Cotte, erhielt gegen Ende des Jahrhunderts eine völlig
veränderte Gestalt; es wurde oben an den Achseln etwas breiter gemacht, vorn breit und tief bis
unter die Brust ausgeschnitten (73. 75. 4) und an den Rändern des Ausschnittes mit Pelz oder
weissem Seidcnzeuge kragenartig besetzt, der Ausschnitt selbst in seiner unteren Hälfte mit dem Unter-
kleid oder einem besonderen Leibchen ausgefüllt, während die obere Brust entblösst blieb, und das
Kleid schliesslich ziemlich hoch gegürtet. Man beliess demselben seine grosse Länge, verkürzte aber das
Unterkleid bis auf die Fussspitzen. Neben der blossen Brust bestand die nonnenhafte Verhüllung mit
Gimpf und Kopftuch weiter fort (75. 1. Fig. 18. Der Ausputz mit Schellen besonders
am Halsausschnitt und Gürtel kam auf, ebenso das Zaddelwerk, doch gewann diese Mode weder
jetzt noch später die grosse Verbreitung wie in Deutschland, dagegen wurde es eine Zeit lang
selbst unter Jungfrauen üblich, den Leib möglichst dick aufzupolstern. Der halbkreisförmige Mantel
blieb fast nur noch als Ceremonien- und Prunkkleid in Verwendung (75. u); dagegen wurde
unter bürgerlichen Frauen ein rundgeschnittener und mit einem Kopfloch' in der Mitte versehener
Umhang (mantelet oder heuke) beliebt, der wie eine Glocke den Körper faltenreich bis zu den
Knieen umgab (vergl. 94. 14). Witwen gingen in einer dem mönchischen Skapulier ähnlichen an
beiden Seiten geöffneten Husse einher (vergl. 75. 2); diese war von weissem Tuch und gelegentlich
mit schwarzen Tränen bestickt. Gross war der Wechsel in den Kop ftrachten. Zuerst erweiterte
man das Haarnetz an den Schläfen über den hier aufgewundenen Zöpfen und setzte einen Reif von
Goldschmicdearbeit mit zwei seitlichen Wulstringen darüber, welche die Gestalt der Zöpfe nachahmten
(55. 12. 13). Oder man legte auf den Oberkopf über das Haarnetz ein mit Netzwerk und Passa-
menterien geschmücktes flaches Kissen (Fig. 37.3.5); die beiden Zöpfe wandte man nach der Stirne
und liess das übrige Haar im Nacken unter den Zöpfen hervor als einen mit Bändern umwickelten
Schweif in den Rücken fallen. Im letzten Jahrzehnt kamen die hohen Kopfpütze auf, unter welchen
das Haar gänzlich verborgen wurde. Die Kopftrachten zeigten Mondsichel- oder Horngestalt. Zu
der ersten Art zählte ein Kopfputz aus zwei gewölbten oben abgerundeten Platten (vergl. 67. u),
die an ihren Rändern mit Wulsten (atours) besetzt waren und Schläfen und Ohren bedeckend hoch
emporstiegen; der Zwischenraum wurde durch ein eingesetztes Tuchstück ausgefüllt, das hinten
sackartig herabfiel (73. 22). Eine zweite Abart dieser Tracht wurde aus einer überhöhten Rund-
mütze hergestellt (73. 24), an welcher man zwei hufeisenförmig gebogene Wülste so anbrachte, dass
sie über den Schläfen empor-, in Stirn und Nacken aber herabstiegen und sich hier zusammen-
schlossen. Im oberen Zwischenraum bedeckte man die Kappe mit einemS chl eier, welcher hinten herab-
fiel. Die zweite Hauptform dieser Kopftrachten wurde durch den sHenninw gebildet. (Ueber diesen
siehe weiter unten im Abschnitt über die weibliche Tracht während der ersten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts S. 156). Das Fusszeug war geschnäbelt.
Das Kostüm des 15. Jahrhunderts setzte sich in derselben Richtung fort, welche ihm
das 14. angewiesen hatte; aber so zahlreich waren seine neue Zuthaten, so widerspruchsvoll deren
Mannigfaltigkeit und so rasch deren Kommen und Gehen; dass es schier unmöglich ist, mit der
Feder ein Bild davon zu entwerfen; die Mode zeigt sich eben am meisten erfinderisch in ihren Ver-
irrungen. Der männliche Anzug in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. DieBein-
kleider (chausses) wurden von dem raschen Modewechsel am wenigsten berührt. Die Trikots aus