fallen liess oder rings um den Kopf zusammenlegte und völlig mit dem Kopfputze verdeckte. Eine
Zeit lang trugen die Frauen auch die Gugel (55. 27), doch gaben sie dieselbe bald gegen eine gugel-
artige Haube auf (75. 1); diese war häufig vorn mit mehrfach übereinander liegenden gekräuselten
Besätzen eingefasst, welche das Gesicht umrahmten und auf die Schultern herabfielen. Auch ein
feines weisses Kinntuch (gorgerette) benutzten die Frauen (75. 1), mit welchem sie Gesicht und
Hals bis zum Kinn umschlossen und den Brustausschnitt des Kleides ausfüllten (73. 19); dies war
eine höchst ehrbare Tracht, deren sich meist nur die älteren Frauen bedienten. In den achtziger
Jahren kam unter den vornehmen Damen die Wulsthaube auf, eine hohe cylindrische Haube
mit dickem Wulste (73. 22), der hufeisenförmig auf und nieder stieg, über Stirn und Nacken die
Schenkel nach oben, an den Schläfenseiten nach unten richtend. Haube und Wulst waren reich
bestickt und oben mit einem nach hinten fallenden kurzen Schleier besetzt (Fig. 30. z). Frauen
von Adel umschlossen das Haar mit einem seidenen metallgeschmückten Netze, setzten einen kro-
neuartigen Reif darüber und umgaben die Flechte, Welche rechts und links um das Ohr gelegt war,
mit einer Scheide, dergestalt, dass in dem umschlossenen Raume das Haarnetz sichtbar blieb (55.
12.111). Die niederen Stände folgten der Mode nur insoweit, als ihre Beschäftigung es zuliess.
Enge Hosen, Schuhe oder Halbstiefel, bequeme gleichbreite und um die Hüften geschnürte, zu-
weilen untenher gezaddelte Röcke mit langen Aermeln und die Gugel oder eine Rundmütze: das
war die Tracht der Bauern (55. 20. 25); Aermelröcke, welche kaum den Boden berührten, Schuhe
samt Strümpfen, ein Kopftuch, welches um das Kinn gefaltet auf die Brust fiel: die Tracht der Bäue-
rinnen (55. 1a. 2a). Die Schürze kam unter den tagewerkenden Ständen allgemein in Aufnahme und
ihr Schnitt wurde zum unterscheidenden Merkmal der Zünfte (55. Als Schutzkleid diente unter
beiden Geschlechtern ein kurzer, ringsum geschlossener Umhang oder die Husse 21. a9).
Schier unübersehbar sind die Wandlungen, welche die niederländische Tracht im
Verlaufe des 15. Jahrhunderts durchmachte. Die Hosen bestanden aus zwei knappanschlies-
senden Langstrümpfen, welche im Kreuz und über den Unterleib her zusammengenestelt wurden;
vorn hatten sie einen Sack für die Geschlechtsteile, den man oben festknöpfte oder vernestelte.
Der Leibrock (pourpoint), meist mit niedrigem Stehkragen besetzt, wurde noch enger und kürzer
gemacht als seither, so dass er kaum über die Hüften reichte, und vorn herab mit Knöpfen oder
Nesteln geschlossen (75. so); auch wurde er auf der Brust auswattiert, um die Hüften eingeschnürt
und, um den Gegensatz zwischen schlanker Taille und breiten Schultern noch grösser zu machen, auf
den Achseln ausgestopft. Man verkürzte den Leibrock in den Aermeln, versah ihn auf Brust und Rücken
mit einem weiten Ausschnitt und verschnürte ihn vorn über einem eingesetzten Latze, hinten aber über
dem Hemd (57. 19. 21). Oft auch liess man den Leibrock bis zum Knie herabsteigen, versah ihn mit
weiten Aermeln und zaddelte ihn an allen Rändern (56. Statt des Leibrockes oder über dem-
selben trug man die Schecke (jaquette); diese hatte im wesentlichen noch die alte gleichweite
Tunikaform der Bauernröcke (55. 25. 35): sie war gewöhnlich sehr kurz und reichte kaum über die
Hüften (55. aß. a4. aa. 41. Fig. 30. s), hatte gleichfalls hohe Achseln und lange, ja überlange und weite
Aermel, die nicht selten untenher gezaddelt waren (57. s), oder Sackärmel mit Armschlitzen (57. s),
oder auch statt der Aermel nur Armschlitze (55. oft beliebte man die Aermel nicht vorn, sondern
auf der Rückseite geschlitzt und den Schlitz mit Borten oder Pelz umrandet (55. 45. 49). Man trug
die Schecke gegürtet und ungegürtet (55. a3), häufig um die Taille in festgenähte Falten gelegt
(Fig. 30. e). Statt der Schecke wurde ein ebenso kurzes Mäntelchen (55. 5a) oder die gleichfalls ge-
kürzte Husse beliebt (55. 42). Es war die Zeit der Willkür und Gegensätze; so knapp die Unterkleider,
S0 völlig waren die Oberkleider; der Mann verschwand fast in den Falten seiner um die Hüften
geschnürten Huppelande (77. 10. 12), die er auf dem Boden nachschleppte und mit den weiten
Aermeln lang über die Hände fallen liess (57.11. 77. 12). Nicht selten hatten die Aermel eine den
Boden berührende Weite und waren gezaddelt, oder sie hatten vorn einen weiten Schlitz zum
Durchstecken der Arme (58. 17); auchgab es Doppelärmel, davon der eine angezogen wurde_,
Hottenroth, 'l'rachten. n. Band. z. Aufl. 17