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starker Mittelrippe; daran schliessen sich andere Schwerter mit langer Angel, pilzhutförmigem Knauf
und einwärts geschweiften Schneiden im oberen Teile, die sich nach unten hin in eine lange Spitze
zusammenschliessen (Fig. 26. ß). Auch der Kelt hat sich bei Hallstatt gefunden, jene Beil-
klinge, die winkelrecht an den Schaft befestigt wurde, und die Framea, jene senkrecht auf den
Schaft gesteckte Lanzenklinge, welche eine breite Schneide statt der Spitze hat.
Die gewaltigste Menschenbewegung, welche Mitteleuropa vor der grossen Völkerwanderung
erschütterte, fand durch den Einbruch der Kelten statt. Unberührt muss hier das Gestrüppe von un-
gelösten Fragen über Rasse und Herkunft dieser abenteuernden Scharen bleiben. Die Kelten strömten
den nordeuropäischen Meeresküsten entlang nach Westen bis über die Pyrenäen, darauf in rück-
läufiger Bewegung über die Alpen nach Oberitalien, wo sie dem Etruskischen Reich ein Ende
machten, und ostwärts an der Donau hin durch Pannonien und Illyrien nach Kleinasien hinüber.
Diese Keltenperiode reicht etwa von 600 vor Christus an bis in die römische Kaiserzeit; man
pflegt sie die La-Teneperiode zu nennen nach den keltischen Fundstücken von La-Tene am Aus-
fiusse des Neuenburger Sees. Eine neue Formenreihe, welche diese Reste von den hallstättischen
unterscheidet, macht sich besonders an Fibeln, Hals- und Armringen bemerklich, die stark gerippt
sind. Die Schwerter zeigen statt der Mittelrippe der Hallstätter Schwerter eine Rinne. Das In-
einandergreifen von etruskischen und keltischen Formen, wie es an zahlreichen Funden augenfällig
ist, lässt auf ein langes Zusammenwohnen der verschiedenen Völker schliessen. Aber trotz der
Tausende von Waffen und Geräten, von Fibeln, Ringen, Ketten und Blechen, die wir aus der
frühesten Keltenzeit in unseren Museen aufgehamstert haben, fehlt uns gleichwol das Gewand; und
eine kostümliche Musterung über diese Rotten, welche sich mit Farbe bemalten, ist noch immer
eine nächtliche Heerschau. Erst seit Cäsar erhalten wir von den Römern einige schriftliche An-
deutungen über das keltische Kostüm; dazu kommen noch Ueberreste von Skulpturen. Diesen Zeug-
nissen zufolge trugen die Kelten lange Hosen, an den Knöcheln unterbunden (Fig. 27. s), halblange
Röcke mit langen oder kurzen Aermeln oder auch ärmellos, kurze Mäntel, an der rechten
Schulter verhaftelt, und Schuhe oder Stiefel; damals tätowierten sich die Kelten nicht mehr, be-
dienten sich aber buntfarbiger Zeugstoffe, die gestreift und gewürfelt waren. Die einzelnen Stämme
unterschieden sich übrigens in der Kleidung sowol wie in der Art, das Haar zu tragen; die einen
fassten das Haar in einen Busch auf dem Wirbel zusammen, rasierten das Kinn und liessen nur
einen langen Schnauzbart unter der Nase stehen; die anderen verflochten das Haar in Zöpfe; die
Donaukelten beliessen den Bart in seiner Fülle; den Kopf bedeckten diese mit einer fesähnlichen
Mütze (Fig. 27. s. 4), die Gallier mit einer der phrygischen ähnlichen Mütze oder mit der von den Rö-
mern überkommenen Kapuze (Fig. 2G. 9). Nach Fundstücken und Abbildungen zu schliessen trugen die
gallischen Anführer einen Panzer aus zwei ganzen Schalen (Fig. 26. 10-12), einen konischen oder
hochgespitzten Helm mit Büschen, Hörnern oder Flügeln, zwei Schulterstücke, einen Gurt mit Zier-
blechen und Kettchen, einen langen viereckigen Schild, der in der Mitte breiter als an den Enden
und genabelt war, von Bronze oder von Weidengeflecht mit Fellüberzug, ein langes Schwert an eiser-
ner Kette, einen Dolch, Wurfspeer und Bogen.
Ungefähr um die Zeit des HannibaFschen Krieges wohnten am südwestlichen Abhange der
Alpen nach der Po-Ebene hinab Gallier; um den Gardasee und nordöstlich davon Etrusker; weiter
östlich in Kärnten bis an die Drau Veneter; im Wallis, Tessin und Graubünden den Galliern
nahverwandte rhätische Stämme: Salasser, Lepontier u. A.; zwischen Rhone und Aar die Rauraker;
die Ligurier zwischen Bodensee und Zürichersee und zwischen beiden dieAmbronen, lauter Stämme,
welche die Römer unter dem Namen vHelvetiera zusammenfassten. Die eigentlichen Gallier romani-
sierten sich in kurzer Zeit; die Alpenbewohner aber setzten damals schon einen festen Willen gegen
alle von aussenher kommende Gewalt, dergestalt, dass die Römer das Land durch planmässige
Metzelei zu entvölkern suchten. Uebrigens war die römische Tracht mit Ausnahme von Pänula und
Kapuze keine Tracht für die Aelpler. Und so mögen Toga, Tunika und Pallium, dem Bedürfnis