Volltext: Trachten (Bd. 2)

aller Stände, soweit es auf Mode hielt, getragen. Das Barett der Frauen glich völlig dem männlichen 
und wurde auch so aufgesetzt, schief auf das Ohr und über die Kalotte. Die Kalotte (Fig. 25.10) 
glich in ihrer Form einer einfachen glattanliegenden Haube; sie bestand aus einem Netze von 
seidenen oder auch goldenen oder silbernen Schnüren, in dessen rautenförmige Zwischenräume feine 
Bäuschchen von farbiger Seide mit seidenen oder metallischen Fäden eingezogen waren (Fig. 25. ll. 1:. 
Innen- und Aussenseite). Nach Vermögen behing man die Aussenseite mit runden Goldblättchen, 
welche in der Kreuzung der Netzfaden befestigt wurden und beim Tragen einen lebhalten Gold- 
Himmer über das Häubchen verbreiteten, oder wendete statt der Goldblättchen auch Perlen und 
Edelsteine an; der untere Rand war mit Schlingen besetzt; durch diese lief eine Schnur, mit welcher 
man das Häubchen, wenn es auf dem Hinterkopfe sass, bis zur Form einer Halbkugel zusammen- 
zog (48.19). Grössere Kalotten, welche das Haar bis zur Stirne bedeckten, wurden auch in ihrer 
oberen Hälfte zum Schnüren eingerichtet (48. 20). Kalotten einfacher Art schnitt man aus farbigem 
Seidenzeug im Ganzen zu und überspannte dieses mit einem andersfarbigen Netze. Der Schleier 
wurde kleiner beliebt als früher und nur noch an bestimmten Festtagen benützt; die Frauen in 
Augsburg verhüllten sich beim festlichen Kirchenbesuche das ganze Gesicht damit. Die Fuss- 
bekleidung glich der männlichen, doch hielten es die Frauen nicht für passend, ihre Füsse sehen 
zu lassen. Die Handschuhe waren geschlitzt und farbig unterlegt; sie wurden nur von sehr vor- 
nehmen Damen getragen, die sie mit Knöpfen oder Schnüren verschlossen. 
Mit dem Kopfputze veränderte sich auch die Haartracht. Im 15. Jahrhundert hatten die 
Frauen das Haar unter ihren grossen Hauben versteckt gehalten; gegen 1500 aber gaben sie ihm 
die Freiheit zurück und liessen es über den Rücken herabfallen, entweder aufgelöst (48.13.19) 
oder in zwei Zöpfe geflochten (48. 14), indess sie nur den Hinterkopf mit der Kalotte oder dem 
Barette bedeckten. Diese Freiheit widersprach jedoch allzusehr dem frauenhaften Charakter, wie 
ihn die Reformation auffasste, und so fing man gegen Ende der zwanziger Jahre wieder an, das 
Haar in die Kalotte zu stecken. Man liess nur das vordere Haar blicken, welches man um Stirn 
und Wangen zu Löckchen kräuselte, oder legte um jedes Ohr eine Flechte und liess nur den Teil 
der Flechten blicken, der vor dem Ohre lag (48. 20). Man trug das Haar auch ohne Kalotte ringsum 
in die Höhe gestrichen und mit Bändern umwickelt oder in kleine Zöpfe geflochten und zusammen- 
gelegt. Auf dem Lande aber fuhr man fort das Haar in zwei langen Flechten hinterwärts herab- 
fallen zu lassen. Aufgelöstes Haar, das frei herabwallte, beliess die Mode nur den Bräuten und 
Brautjungfern gewissermassen als Zeichen der Jungfräulichkeit. 
Die Trauerkleidung war für beide Geschlechter schwarz und schmucklos. Die Männer 
trugen bis gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts eine Gugel mit langem Zipfel, die Frauen verhüllten 
den Kopf mit einem weissleinenen Tuche, das sie zugleich um Stirn und Wangen legten, indess sie 
den unteren Teil des Gesichtes bis gegen die Augen hinauf mit einer breiten Binde umschlossen. 
Dazu kam noch bei Männern wie Frauen ein langer, weiter und schwarzer Mantel, welcher die 
ganze Gestalt, den Kopf ausgenommen, verhüllte. Der männliche Trauermantel war kreisrund 
zugeschnitten und besetzt mit einem niedrigen oder breiten Stehkragen; der weibliche Mantel glich 
im Schnitt einem Kreis oder Rechteck und war durchweg in dichte Falten gereiht, welche um den 
ganzen Körper herabliefen (vergl. 53. 25). Die Bauern durften keine Hemden tragen, die am 
Kragen gestickt waren, keine Brusttücher, Barette und Straussfedern. Erlaubt waren ihnen Röcke 
von inländischem Tuche, die höchstens bis zu den halben Waden reichten und nicht mehr als sechs 
Falten haben sollten (S. 103), ein Barchentwams mit engen Aermeln, sämtliche Kleider ohne den Schmuck  
der farbigen Schlitze und Puffen, dazu Hüte, Mützen und Gugeln sowie Hahnenfedern. Ihren Weibern 
und Töchtern waren ausgeschnittene Mieder untersagt sowie Schleier, Stickereien und feine Pelze, 
erlaubt aber Felle von Lämmern und Geissen. Die Juden mussten sich durch einen gelben Ring 
am Rocke oder an der Gugel kenntlich machen und die Nachrichter (50. s) Samt Gehilfen ihre BCSChäf- 
tigung an den Kleidern erkennen lassen. Den öffentlichen Dirnen war Geschmeide und Ver-
	        
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