das Gewandstück auf die passende Länge zusammenschob, zwang man die Schlitze sich zu öffnen
(Fig. 23. 1). Die Aermel Wurden gewöhnlich an der Achsel, im Oberarm und am Ellbogen geschlitzt;
doch kam es auch vor, dass man die Aermel und ebenso die Oberhosen von oben bis unten hin
in gleich breite Streifen zerlegte, die Streifen der Quere nach in verschiedenen Abständen mit Schnüren
unterband und das Kostümstück sodann zusammenschob (47. 4. 10- 54. c. Fig. 23. 2. so behandelt
traten die Streifen als geschlitzte Bauschen stufenweis übereinander hervor. An den Oberhosen
wurden die Bauschen durch das eingenähte Futter festgehalten (Fig. 28. o), welches man schmäler und
kürzer Zuschnitt, als die Hosen selbst; die Querschnüre wurden ebenfalls am Futter befestigt. Eine
Bauschungkonnte auch in der Weise erzielt werden, dass man den Aermeln oder Hosen einen
Ueberschuss an Länge gab, sie der Breite nach reihenweis mit kleinen Schlitzen versah (Fig. 23. s)
und quer unter diese Schlitze ausgestopfte Wülste mit andersfarbigem Ueberzuge legte (Fig. 23. 4),
welche man durch Zusammennähen des Futters mit dem Oberzeuge befestigte; das Futter musste
passend auf den Körper zugeschnitten sein; die Mode gestattete auf diese Weise die ganze Jacke
zu zerschlitzen. Man ging noch weiter und zerteiltedas Kostümstück völlig durch Schlitze von grösserer
Länge der Breite und Schräge nach und legte ein weiteres Gewand von anderer Farbe unter das
geschlitzte, so dass das Futterkleid in Puffen zwischen den Schlitzen hervortrat. Ueberdies trennte
man die Streifen wiederum schräg oder quer mit kleineren Schlitzen oder schlug eine Reihe von Oeff-
nungen mit einem eigens dafür gemachten Locheisen in dieselben (49. s. u). Nicht selten fütterte
man die Reihen der kleineren Löcher mit einem Stoffe, der anders gefärbt war, als das Futter der
Hauptschlitze (49. 11). Es wurde Mode, grössere Oeffnungen nach bestimmten Mustern in die Kleider
zu schneiden und diese mit farbigem Stoffe glatt oder faltig zu unterlegen (47. 9). Vorzugsweise die
Oberhosen versah man mit einer eigenen Art von Puffung (Fig. 23. s); man zerlegte sie nämlich mit
langen Schnitten in mehrere Streifen, deren jeder etwa eine Spanne breit war, bog die beiden Kanten
eines jeden Streifens nach innen, nähte sie zusammen und stopfte den so entstandenen Schlauch mit
einem an beiden Enden abgeplatteten WVulste aus, den man festnähte; falls man den Schlauch eben-
fallszerschlitzt hatte (Fig. 23.1), versah man den Wulst mit einem farbigen Ueberzuge. Namentlich
an kleineren Flächen, wie an Achselwülsten oder Baretten, doch auch an grösseren, wie an Rock-
schössen, stellte man eine eigenartige Puffung dadurch her, "dass man den Stoff mit einer Reihe kurzer
Schlitze versah und einen breiten, farbigen, in Längsfalten zusammengeschobenen Zeugstreifen quer
durch die Schlitze steckte (Fig. 23. ß. Fig. 24. 5), dergestalt, dass der geschlitzte Stoff abwechselnd
zwischen zwei Schnitten bald über bald unter den eingeschobenen Streifen zu liegen kam. Bei
grösseren Flächen brachte man die Schlitze nach bestimmten Mustern an, so dass die hindurch-
gesteckten Bandstreifen sich als Netze, Kreuze, Sterne u. s. w. zusammenordneten (Fig. 23. 10); man
benützte nicht selten Streifen _von verschiedenen Farben und liess z. B. grüne sich mit roten kreuzen
oder weisse mit blauen." Doch wurden die gefalteten Bandstreifen" nicht immer durch Schlitze ge-
zogen; man setzte sie auch auf den glatten ungeschlitzten Stoff und befestigte sie mit Schlingen,
Borten oder Knöpfen (69. 21). Nicht "selten brachte man mehrere Arten von Schlitzen und Puffen
zugleich "auf demselben Gewande an '(Fig. 23. s).
Die männliche Tracht während der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die
Beinbekleidung, welche durch die Schlitzungen so mannigfach gestaltet erscheint, verblieb in ihrer
Grundform nahezu ganz so, wie sie im 15, Jahrhundert gewesen (siehe S. 85 u. 88 sowie Fig. 20. 19);
Sie bedeckte zugleich die Füssey enge und unzerschlitzt wurde sie unter den höheren Ständen wie
unter den Bauern auch dann noch getragen (48.1_3. 49. 1.43), als die breite Masse des Bürger- und
Soldatentums bereits seit Jahrzehnten nur geschlitzte Hosen beliebte. Man beseitigte die Spannung
zuerst an den Knieen; hier schlitzte man die Hosen und schnitt wohl auch beide Kniestücke heraus, ja
die Landsknechte schnitten nicht. selten die Hosen über einem Kniee völlig hinweg und schritten so
mit einem nackten und einem bedeckten Beine daher (47. 20). Hierauf begann man die Hosen auch an
den Hüften und längs der Schenkel zu Schlitzen (47. 15. 17); die Schlitze verschloss man mit farbigem
Holtenroth, 'l'rnchten. n. Band. 2.11.1111. 14