Volltext: Trachten (Bd. 2)

Der schwere Kübelhelm kam nur noch bei Turnieren vor, denn bei dieser Gelegenheit war es mehr 
als je notwendig, den Kopf gegen die furchtbaren Stösse einer Lanze zu schützen, die einem Baum- 
stamme glich; er erhielt eine geschmeidigere Form, indem er unter dem Kopfe etwas eingezogen 
wurde, so dass er sich besser an den Hals anschloss (48. 1c. 11); man befestigte ihn wie das Visier- 
bassinet mit Schrauben und Ketten an den Panzer. Ueber die breiten Sehschnitte Wurden Stangen und 
Gitter gelegt; so entstand der sogenannte Kolbenturnierhelm mit Stangenvisier. Dieser Helm wurde 
gleich den älteren Stechhelmen mit Kleinodien und Decken ausgestattet, letztere mehrfach geschlitzt 
und ausgezackt. Den Lendner hatte man zuvor auf der Brust durch eine Platte zu verstärken gesucht; 
jetzt schützte man sich aufBrust und Rücken durch zwei volle gewölbte oder nach der Form des Körpers 
geschmiedete Platten, welche an den Seiten zusammengeschnallt Wurden. Um die Platten für die 
körperliche Bewegung nachgiebiger zu machen, stellte man sie aus drei oder vier Schienen her, 
welche sich auf der Brust nach oben, auf dem Rücken nach unten übereinanderschoben. An den 
Platten befestigte man hinten und vorn als Schutz für den Unterleib gegliederte und verschiebbare 
Schienen, dazu noch an den Vorderschutz mit Schnallen und Riemen die sogenannten Krebse zum 
Schutze für die Oberschenkel. Die Oeffnung zwischen beiden Krebsen wurde durch das Kettenhemd 
ausgefüllt. Gegen Ende des lii. Jahrhunderts pflegte man die ganz aus Schienen hergestellten Rüstungen 
Krebse zu nennen, den unteren geschicnten Teil mit dem Schenkelschutze aber nhalben Krebsu 
oder nKrebsftissa. Die Armschienen bedeckten zumeist nur die äussere Hälfte des Armes, doch 
gab es auch völlige Armröhren; die Ellbogenkachel bestand aus einem Stücke mit einer nach 
hinten gekrümmten Wölbung, die nicht selten in eine Spitze auslief. Die Armbeuge sowie die 
Achselhöhlen wurden überdies noch ab und zu durch vorgelegte Kreisbleche oder Rosen geschützt 
(vergl. 49. 10). Aehnlich wie die Aermel der Ringelbrünne verstärkte man auch die Ringelhosen; 
an die Stelle der Lederstulpen mit Bronzebeschlägen traten blecherne Schienen; der Oberschenkel 
wurde gewöhnlich nur vorn, der Unterschenkel auch auf der Wade gepanzert und beide Blech- 
hülsen durch Schliessen verbunden. Das leicht verletzliche Knie erhielt seine Blechkachel wie der 
Ellbogen. Mit vorrückender Zeit versuchte man die Einzelteile der Rüstung, die Platten, Schienen 
und Kacheln durchliiiifügiing neuer Mittelglieder immer mehr in Verbindung zu setzen. So ver- 
grösserte man die Kacheln an jedem Rande mit einer schmalen beweglichen Schiene, auf der Aussen- 
seite mit einer Muschel zum Schutze für die Arm- und Kniebeuge, seltener auch auf der Innenseite; 
man verlängerte Ober- und Unterarmbleche durch mehrere Schienen, welche man mit Scharnieren 
und Schnallriemchen verband; auch an Brust- und Rüockenplatte kamen Schienen für den Hals, 
ebenso wurden die Schulterstücke geschient. Mit dem besseren Anschlüsse, den die schmalen 
Schienen gewährten, verband sich grössere Beweglichkeit. Der Fuss, sonst fast nur auf dem Rücken 
mit Plättchen besetzt, erhielt jetzt durchweg besondere Schuhe in Form der üblichen Schnabelsehuhe 
(43.16.22); die Spitze bestand aus einem einzigen Stücke, das besonders angesteckt wurde, aber 
erst dann, wenn der Ritter schon zu Pferde sass. Gegen Ende des Jahrhunderts wurden die Schnabel 
wieder verkürzt, die Schuhe vorn abgerundet und bald ebenso übermässig breit gemacht als früher 
spitz; Schuhe dieser breiten Form nannte man nBarenfussu. Ueberdies pflegte man bei Turnieren 
eines der Beine durch einen besonderen Schild vor einer Quetschung an der Schranke zu schützen 
(43-16). Wo es anging, legte man die Rüstung mit dem modischen Kostüme zugleich an; aus 
allen Fugen der Rüstung liess man die langen Zaddeln dringen, in welche die Säume der Kleider 
ZC-Yschilitten waren; auch der auf den Hüften sitzende Gürtel wurde mit Schellen behängt. Die 
RüStUngCn aus der letzten Hälfte des 15. jahrhunderts sind die schönsten unter allen; wie die 
gotische Ornamentik sich aller Gegenstände jener Zeit bemächtigte, so übte sie auch an diesen 
Rüstungen ihre Meisterschaft. Die spitzen gezogenen Formen wurden vorherrschend (43. 20); die 
grösseren Stücke wurden häufig leicht kanneliert oder gerippt (43. 18. 22. 2a) und an den Rändern ähnlich 
dem Masswerk der spitzbogigen Kirchenfenster durchbrochen und überdies mit Messing eingefasst. 
Die Rüstungen dieser Zeit sind alle aus blankem Stahl, aber das Blech ist häufig so dünn ausge-
	        
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