WOHNUNGSAUSSTATTUNG.
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sehnitzten 0rnamenten sind von allen Ansstellungen her berühmt, und so sehen
wir auch diesmal glänzende Beifpiele, insbesondere bei Gueret freres, Henri
F o urdinois, der I867 die am meisten bewunderte Prachtarbeit hatte, und bei R ons
dillon, dessen keineswegs vollkommen gut gearbeitetes Hauptstück, ein Kasten
mit zwei Thüren und zarten, aus dem Relies in Marqueterie übergehenden 0rnas
menten vom Berliner Gewerbemufeum gekauft wurde. Alle diese franzof1fchen
Arbeiten haben zwei Eigenschaften, die sie, im Geiste wenigstens, dem achtzehnten
Jahrhundert nähern und wesentlich von den ähnlichen italienifchen Arbeiten
unterscheiden: einmal die ausserordentliche Magerkeit der Renaifsanceformen, der
Glieder und Prof1le, und zum zweiten die viel zu weit getriebene Behandlung
der Oberfläche, insbesondere der,Re1iefs, die reine Metallisirung ist und nicht daran
denkt, dass sie es mit Holz zu thun hat.
Neben diesen Renaissancekasten muss es natürlich auch Renaissancevorhänge
und entsprechende Sitzmöbel geben. Erstere stosTe treten diesmal und das
ist wohl schon eine Wirkung der internationalen Reform Weit Z8I1IkCiChCk Und
weit schöner auf als im Jahre I.867. Imitationen Lyoneser Fabricats von Venes
tianer und Genueser Sammetstoffen Cmit Sammetb1umen und 0rnamenten auf lichtem
AtlasgrundJ sind mehrfach ausgestellt und zum Theil, z. B. bei Tassinari, von bes
wunderungswürdiger Schönheit. Diese Arbeiten gehören zum Entzückendstcn,
was heute die ganze französische Kunstindustrie schafft. Auch gelungene Res
naiffancesefsel und Fauteuils von Eichenholz mit ähnlichen, aber bescheidener
gefarbten Sammetstoffen sieht man bei verschiedenen Decorateuren, nur muss
man es mit der Renaiffance nicht so genau nehmen, denn es hat hier bei den
Sitzmöbeln eine kleine Verschiebung der Zeiten stattgefunden. Was wir Res
naisfancesessel nennen, das ist nach den Mustern des f1ebzehnten Jahrhunderts ges
schaffen, nicht des sechszehnten. Die eigentliche Renaissance brauchte noch
mehr die Sitzbänke und Sitztruhen als das beweglichem Gestühl.
Ausserdem sindet man in den Ansstellungen der Tapezierer für das Sitzmobel
eine reiche Zahl von Spiel: und Phantafieformen, dünn und mager, als Abakt der
chinesischen Bambusstühle, oder kurz, gedrungen, schwellend, das Princip des
Divans aus den Stuhl übertragen, bald mit geblümtem Stoff, bald mit einfarbiger
Seide, bald mit orientalischer Stiekerei überzogen oder.verziert. Die franzosische
Phantasie schafft darin Neues für jede Saison, und doch ist es, wie, bunt und vers
schieden es auch aussieht, im Gru11dcharakter stets dasselbe und durch die Abwesens
heit jeglichen Stils am meisten bezeichnet. So wie das Gestühl, so giebt es auch
eine Menge anderer Phantasiemöbel, mit Elfenbein, mit eingesetzten Steinarten,
mit Faiencesliesen, insbesondere auch mit sigürlichen Bronzereliefs, ein keineswegs
gelungenes Genre, a1s,dessen Hauptvertreter Dieh1 gelten mag.
Bei all diesen Gegenständen, die für ein künstlerisches Auge ,,aus der Akt
schlagenU, ist sehr selten etwas Erfreuliches; zuweilen gelingt es aber auch dieser
beweglichen Phantasie, wenn sie mit etwas Poesie gepaart ist, da wo sie die Schablone
verlässt, in ausser0rdentlich glücklicher Weise. Ein solches Beifpiel ist das Zimmer:
modell von Pen0n, das nicht Renaissance, nicht Rococ0, nicht Architektur, nicht
Decoration ist, das jeder Regel spottet und doch unendlichen Reiz bef1tzt. Ein
Zimmerchen, in das eine gekrümmte Stiege mit einem geschnitzten Geländer