Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

WOHNUNGSAUsSTATTUNG. 
 
Mode erscheint, das ist in der That nur fein eigenes constanter Charakter. Was 
wir heute fehen, ist der Art nach gar nichts anderes, als was wir I867 in Paris 
fahen. Nur Einzelheiten und Nebenfachen schlagen eine andere Richtung ein, 
fügen fich aber für jetzt aufs allerbeste in die alte Ordnung. Dies gilt z. B. von 
den nicht fe1tenen orientalischen Mustern, die als applicirte Stickereien oder in 
den Geweben zur Verzierung der Möbel verwendet werden. Die orientalifche 
Frage ist für Frankreich noch von geringerer Bedeutung als Z. B. für England 
und zumal für 0esterreich. Ebenso sind die Spuren, welche die Wirkung der 
internationalen Frage, d. h. die Bestrebungen für eine Reform in antifranzöfifcher 
Richtung, erkennen lässt, nicht unbedeutend, aber die franzöfifche Kunstindustrie 
kann vieles verdauen und wird damit in ihrer Weise fertig; sie nimmt das Fremde 
und Fremdartige auf und wandelt es in ihr Eigenes um. Denn das ist eine der 
wefentlichsten Eigenfchaften des französischen Gefchmacks, nicht dass er Neues 
fchafft und erfindet, fondern die Empfänglichkeit für alles Fremde und das Tas 
lent, es feiner Weife conform zu machen. Daher einerfeits in der franzöfifchen 
Kunstindustrie eine aufserordentliche Vielfeitigkeit, andrerfeits vollständiger Mangel 
.an Originalität; der franzofifche Künstler ist findig, aber nicht erfinderifch. 
In der Hauptfache lebt der französifche Gefchmack und fomit auch alles, 
was die Wohnung betrifft, noch ganz im Stil und in den Stilarten des achtzehnten 
Jahrhunderts; er verfchmäht keine derfelben, nur dafs sich die Vorliebe mehr und 
mehr von dem Anfang hinweg gegen das Ende diefes berühmten Säculums ges 
7s0gC11 hat. Jene Zeit gefiel fich im Capriziöfen, in willkürlichen Einfällen, stand 
auf gutem Fuss mit den Bizarrerien von China und Japan, brachte das Perfische 
in Mode, kokettirte in fpäterer Periode mit der Antike, liebte die Bagatelle und 
trug den coloffalen Reifr0ck, und zeigte sich fomit ziemlich tolerant im künstles 
rifchen Glauben. Auf stilistifche Dogmen und starre C0Hfefsi0n gab sie nicht viel; 
nur hatte fie ihre Vorliebe, ihre Paffionen. Das mufs man bedenken, wenn man 
in den verschiedenen Decorati0nen und all dem bunten, scheinbar künstlerifch sich 
widerrpreCheUdeU Geräth: das uns die französifcl1e Ausstellung zur Ausstattung 
der Wohnung Vor Augen führt, den gemeinfamen Charakter erkennen will.  
Die Franzofen haben in einem ihrer überdeckten Höfe Modelle von Zimmern 
:dCk Theile von Zimmern ausgestellt, die aber keinen vollständigen Begriff der 
MFnbZ0 IrchFn w0hUUUg geben. Wir müffen das Bild aus dem, was Tapezierer, 
o elfabrikanten, .Teppichweber u. f. w. ausgestellt haben, insbefondere aber 
::TI:1 ;1i11s1tden kleinen Räumen des franzöfifchen commiffi0nsl1aufes ergänzen, 
1dea1e v07:fcT;1w:Vt1; d1e1Jde.en, die den franzöfifchennDecorateuren noch immer als 
und dem Felde d:rsnb a ist Even FicarelJ das Stück einer Wand mit der Thüre 
  U er, weifs mit goldenen Roc0cos0rnamenten in Relief und 
mit C1l1CM zarten Gobelinsgemä1de in der Sopraporte; da ist daneben Cv0n N0i:51 
QUiUCkJ Eine andere Wanddecoration mit reich gefchnitzten 0rnamenten und mit 
Einem HaChCU Relief über der Thüre, das von zwei Am0retten geha1ken wird 
alles Weis Wie SkUCk mit zartem Grau .und Chamois, und eine ähnliche von 
Lefebre mit reichem Stuckgefims in Weifs und verschiedenen kalten Drapt6nex1, 
Sind Wir damit Nicht ganz in der Mitte und der zweiten Hälfte des achkze1smken 
 setzen wir die reichen Himmelbetten von Levy 8: Wo rms und 
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