Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

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DIE 
EXPOslTION 
DES 
AMATEURs. 
 
tinische email cloisonne entspricht völlig dem Kunsts1nne, der auch in den 
Mosaiken des 0streiches feinen Ausdruck fand; wie das Mosaik, ist auch die ges 
nannte Gattung der Emailmalerei ihrer Technik nach nothwendig, blos eine Dars 
stellung in schematischen Flächencompartimenten; die weitere Aehnlichkeit, die 
das Gesüge des Mosaiks mit den Zellen des Emails gemeinsam hat, ist wohl mehr 
als eine äusserlich zufällige, und scheint uns begründet in der gleichsam desors 
ganisirenden Tendenz der byzantinisehen Darstellungsweise. 
Vielleicht unterstützt durch erhaltene einheimische Traditionen, jedenfalls 
aber durch die Anregung, die von den byzantinischen Werken ausgegangen war, 
und theilweise vielleicht auch durch griechischse Künstler nach dem Westen vers 
pslanzt, entwickelt sich die rheinische und Lin1ous1ner Emailkunst des Mittels 
alters. Neue und vereinsachte technische Mittel kommen hinzu, entsprechend 
den veränderten künstlerisehen Zielen. Das email champleve, das nun geübt 
wird, erlaubt schon einen, wenn auch strengen, doch sichern und klaren Zug des 
Contours, wie dies dem tiefen Eingraben in das Metall entspricht, eines Contours, 
der aber nichts mehr gernein hat mit der energielosen Linie der gebogenen 
Goldlamelle der Byzantiner. Auch die sonstige Behandlung des Emails verliert 
den mosaikartigen Charakter und ist schon eine wirkliche Malerei mit einfachen 
Localsarben, oder eine colorirte Zeichnung in farbigen Strichen mit angedeuteter 
Schattirung. Die stehengelassene Metallfläche bildet den schimmernden Hinters 
grund gleich dem Goldgrund der Tafelbilder. 
Als ihre köstlichste Perle enthielt die Expos1tion des Amateurs das vielleicht 
bedeutendste Monument der Emailkunst des Mittelalters, das aus uns gekommen 
ist, den berühmter Verduner Altar, den das Stift Klosterneuburg bei Wien in 
der Kapelle des h. Leopold bewahrt, und den man auf der Ausstellung zum 
ersten Male im vollen Tageslicht zu sehen Gelegenheit hatte. Durch den sich 
inschriftlich nennenden Künstler Nicolaus von Verdu n im Jahre II81 ursprüngs 
lich als Ambonenverkleidung gefertigt, erlangte er erst bei Gelegenheit einer 
theilweisen Renovirung der durch einen Brand I322 entstandenen schaden seine 
heutige Bestimmung als Altaraufsatz.7J Das Ganze ist zusammengesetzt aus II 
etwa zehn Zoll hohen Tafeln, von denen jede eine besondere Darstellung ents 
hält, parallele Scenen des alten und des neuen Testamentes, dazwischen Inschrists 
streifen und 0rnamentenfriese in reicher Abwechselung höchst reizender geomes 
trischer Muster. Die Zeichnung der F igurenbilcler, in breiten Strichen in das Metall 
eingravirt, und lediglich mit blauer und rother Farbe ausgefüllt, zeigt trotz des 
verhältnissmässig geringen Massstabes in einzelnen Compos1tionen eine ernste 
Grossartigkeit, so in der Darstellung der Königin von Saba, in andern eine wuns 
derbar lebendige und doch so stilvolle Energie und Kraft der Zeichnung, wie 
in Samson mit dem Löwen oder im Jüngsten Gericht. Antike Reminiscenzen 
verweben sich in merlcwürdiger Weise mit der hervortretenden Unbehilflichkeit 
 Dabei wurden fech5 neue Emaillafe1n und die kuns1gefc11icl1tlich höchst inlerelTanten Malereien 
auf der Rüclcfeite hinzugefügt. Probst S1epl1an von syrenc10rk veranIafste diefe Wiederherstellung: ,,Er 
fc11ueH dass man die schon taffln gehn Wien fiiret vnder die g01dtfchmit die verneuerlen II widerH   etc. 
kleidet und Eite1berger, Ku11lIdenkmalc; dann die specia1publicati0nen von Arneth, Heider und ca. 
mef1na.  
. 
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