Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

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ZElCHENs 
UND 
KUNSTUNTER1CHT. 
offenbaren. Die Leitung des Institutes hatte an einer Tafel die clasfeneintheilung 
der Schule dargestellt und gefucht, wo möglich von jeder Branche etwas zu 
bieten. Dadurch wurde denn freilich das Bild der Thätigkeit der Schule zers 
stückelt; denn zwei bis drei Blätter aus einer Specialabtheilung konnten diese 
wenig charakterif1ren. Auch war es verfäumt, die Pr0gramme der Anstalt feit 
I867 aufzulegen, wodurch das Fragmentarische der Ausstellung hätte ergänzt 
werden können. Nur mit Mühe konnte der Lehrgang in den vorbereitenden 
Claffen verfolgt werden. Es waren davon Contours0rnamente nach plastifchen 
Werken, dann fchattirte in sepia und gezeichnete geometrifche Modelle in Kreide 
vorhanden. Von den höheren CSpecialsJ Claffen waren Copien nach Originals 
modellen in diverfen Stilen, Naturftudien und felbstständige Compositionen auss 
gestellt; das Beste darunter waren Entwürfe in Flächenverzierungen für Tapeten, 
Stoffe etc. Die Blume wird mit Sorgfalt studirt und in edler Weife zum 0r11as 
mente benutzt; die Comp0f1tion des 0rnamentes bezieht lich stets auf den fertigen 
Gegenstand und der Zweck der Verzierung ist immer im Auge behalten. Eine 
geringere Rolle spielte unter dem AuSgestellten das f1gürliche Zeichnen. Das 
Hervorragendste, was das Institut ausgestellt hatte, bestand in Radirungen, 
die von den Schülern nach Gegenständen des Mufeums für den Zweck der Vers 
breitung ausgeführt wurden. Die AusPcellung der ,,School of ArtH zu Bombay 
jin der lndustriehalleJ bot wohl manches Intereffante, doch wenig XxVichtiges in 
Bezug auf den eigentlichen Kunstunterricht. 
In umfaffender WVeife hatte Rufsland die Bestrebungen des Kunstunterrichtes 
im Lande dargestellt. Schon von den letzten Weltausstellungen her ift es bes 
kannt, wie fehr es f1ch diefer Staat angelegen fein läfst, das Altnationale in der 
Induftrie wieder zur Geltung zu bringen; auf der Wiener Ausftellung wurde die 
Thätigkeit der Petersburger und Moskauer Kunstfchulen in diefer Richtung in 
klarer Weile illuftrirt. Die Kunstfchule ,,Str0ganoffH zu Moskau Cverbunden mit 
dem MufeumJ bildet die eigentliche Centralstelle diefer Bewegung und diefe Ans 
sta1twar auch in bester VVeife auf der Ausstellung repräfentirt. 
Der Zweck der Schule ist lediglich der, dem Kunsthandwerke gefchickte 
Arbeiter zuzuführen, die Industrie von der fclavifchen Nachahmung zu befreien 
und sie zu 0riginalformen heran zu ziehen. Den bedeutfamsten EinHufS auf diefe 
Bestrebungen nimmt das Mufeum, und für die Ausstellung desfelben war im Nords 
pavi1lon der Kunltl1al1e ein ganzer Saal refervirt. Es befanden f1ch.dafelbft Lin 
einer AuswahlI die von den nationalen Denkmälern gefammelten Modelle von 
0rnamenten in Gypsabgüfsen, in Thon und Galvanoplaftik; Nachbildungen alter 
Kunstwerke, Photographien, Handzeichnungen nach. KunFcwerken, w0durch f1ch 
das Mufeum und die Schule gegenfeitig unterPcütZen, und die von dem Institute 
veranlafsten Publicationen. Die ausgeftellten Schülerarbeiten be1ebte durchweg 
ein frifcher künstlerifcl1er Geist und befonders,waren aus den höheren Curfen 
die nach a1trufsifchen und byzantinifchen Modellen gefertigten Zeichnungen von 
hoher Vollendung. Das Studium des 0rnamentes wird nach dem von der Aus 
Halt herausgegebenem VVerke ,,Gefchichte der ruff1fcl1en OrnamentikU Cgefch6pft 
aufs Handfchriften des X. bis XVI. JahrhundertsJ gepflogen und zugleich auf die 
zweckrnäfsige Verwendung in Bezug auf das Material gesehen. 
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