Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

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H ZEICHENs UND KUNsTUNTERRIcHT. 491  
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steriun1 die Frage wieder in die Hand und ist besonders für die Hebung der 
Bildung der arbeitenden Klasse sehr thätig. In Paris bestehen gegenwärtig 33 6ffents 
liche Zeichenfchulen ausser den höheren Kunstschulen, und es sind deren mehr 
noch im Entstehen begriffen. Zur Ueberwachung des Zeichenunterrichtes sind 
1nspectoren ernannt, welche einer eigens hierfür eingesetzten Commiss1on über 
die Thätigkeit der Lehrer zu berichten und für die Conservirung der Schulen zu 
sorgen haben.  Es mag aus dem Gesagten erhellen, dass die Pflege des Kunst. 
unterrichtes in Frankreich fast ausschliesslich der 1ndustrie gilt und eine allgemeine 
Erziehung des Volkes zur Kunst jenseits der Mosel noch ebenso auf sich warten 
lässt wie bei uns. 
Der Industrie gelten auch ausfch1iesslich die Kunstschulen Italiens, die in 
wahrer Fluth mit ihren Leistungen auf der Ausstellung erschienen waren. Der 
Zeichenunterricht ist in den Industriebezirken des Landes mehr als BedLirfnifs 
und findet auch überall seine Pflege. Die scuola tecnica hat zumeist auch den 
Charakter einer Industrieschule, in welcher mehr besondere technische Zwecke 
verfolgt werden, als dass den Elementen der allgemeinen Bildung Rechnunsk sie. 
tragen wurde. Ueberall sprach auch aus den Zeichnungen der praktische Z:v;;k 
des Decorateurs, selbst im LinearsZeichnen, wo stets das geometrische 0rk1a. 
ment Cvon Mosaikböden etc.J eine bedeutende Rolle spielte. Aus allen Provinzen 
des Landes, das ferne Sicilien nicht ausgenommen, lagen Porteseuilles mit 
Schulerarbeiten vor, die jedoch weder in Betreff des Lehrganges noch in Bezucs 
auf Stil bedeutend variirten. Was in den Schulen studirt wird, was die Iiiduskri: 
producirt, wurzelt alles in der Renaissance. In Bezug auf die  freilich oft unniitzC 
 Ausführung stehen die Italiener unerreicht da; wie in Marmor, sind He auch 
Virtuosen mit der Kreide und der Tusche. Das Studium wird jedoch fast aus. 
schliesslich dem 0rnamente gewidmet; das Figurliche spielt eine ganz unterge. 
ordnete Rolle. 
Zwei Jahrzehnte sind verflossen, seit von Eng13Hd aus der AnH0fS zur 
Reform des Geschmacks gegeben wurde und mit vielem Interesse wurde auf den 
bisherigen Ausltellungen die Wandlung in der englischen lndustrie in Bezug auf 
die Veredlung des Stiles verfolgt. Mit grosser Spannung wartete man ihrer auch 
aus der Wiener Ausstellung und hoffte, dass gerade in Hinsicht aus den kunsts 
industriellen Unterricht ein interessantes Bilds sich entrollen werde. Die Hoff. 
nungen wurden nach dieser Richtung hin getäuscht. England hatte diesmal das 
Hauptgewicht auf die Repräsentation seiner Colonien gelegt; es entfaltete seine 
asiatischen Reichthümer; die heimische 1ndustrie war lückenhast, der Unterricht 
äusserst Aau vertreten. Ausser einigen Schijlerarbeiten aus der Schule von South. 
Kensington und einigen Publicationen dieses Institutes war weiter nichts vorhanden, 
Es musste besremden, dass ein Land, von welchem doch die 1dee der Weltauss 
stellungen zuerst ausgegangen ist, gerade das hochwichtige Feld des Kunstunters 
kiCht.Z3 dem Es feine heutige Stellung in der lndustrie gegenüber den anderen 
Staaten verdankt, so mangelhaft bestellt hatte. 
Wenn wir einen Blick auf die Ausstellung der SouthsKensingt0nsscl1ule 
werfen, so finden wir für alle Zweige der Kunstindustrie nette, stilvollc Arbeiten 
die das Streben nach einem einheitlichen Princip im Geiste der Reform überall 
 
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