M ZEIcHENs UND KUNSTUNTERR1cHT. 481
gymnas1en. Diese Anstalten sind meist noch zu jung Cdie ältesten datiren vom Jahre
I864J und das Zeichnen bildet bis jetzt nicht einen so integrirenden Theil des
gesammten Bildungsapparates, wie an der Realschule. Die Resultate der Wiener
Anstalten kamen denjenigen der Unterrea1schule gleich; in denen der Provinz
wird zwar der Lehrgang der Realschule anfangs fest gehalten; da aber der Ges
genstand in den höheren Classen facultativ ist, wird das System meist fallen ges
lassen und das Angenehmere dem Nützlichen vorgezogen.
Eine ganz untergeordnete Rolle spielt noch das Zeichnen an den eigent1is
chen Gymnasien, wo es nur theilweise als freier Lehrgegenstand erscheint; dagegen
erweitert sich sein Gebiet in sehr erfreulicher Weise in der Volksschule. Es wird
hier mit wenig Ausnahmen überall nach den richtigen Grundsätzen vorgegangen.
Ausser den Wiener Schulen lagen besonders von den Anstalten der grösseren
Provinzstädte mitunter mustergiltige Arbeiten vor. Dass noch hie und da das
aBj1dchenmachenp gepHegt wird, ist dem Umstande zuzuschreiben, dass noch
nicht aller0rts Lehrer vorhanden sind, die für einen systematischen Zeichenunters
richt die nöthige Vorbildung besitzen. Das Bestreben, die für die erste Unters
richtsstufe einzig richtige Methode durchzuführen, nämlich von den gerad1inigen
geometrischen Formen zum freien Contourornamente vorzugehen, tritt allents
halben in erfolgreichfter Weise hervor, und die Thätigkeit, welche die österreichis
sche Lehrerwelt im Schaffen von guten Vorlagewerken dieser Art entwickelt, ist
rühmlich hervorzuheben. Zahlreiche Arbeiten, die dem guten Principe folgend,
im Wesentlichen wenig Verschiedenheit zeigten, lagen neben den bereits publis
cirten noch in Handzeichnungen vor. Die stigmographische Methode wird viels
fach mit gutem Erfolge auf der ersten Stufe des Unterrichtes angewendet. Ges
theilter wird das Zeichnen an den Bürgerschulen betrieben, wo besonders in
Böhmen an manchen Anstalten die Wahl der Vorbilder zu tadeln ist; dagegen
lagen von den mährischen, fchles1schen und österreichischen Schulen dieser Kates
gorie grösstentheils gute Arbeiten vor. An den Lehrerbildungsanstalten, wo in
erster Linie das Contourornament zur Geltung zu kommen hat und Uebungen
darin durch Tafelzeichnen anzustellen sind, wird diesem auch meistens in ents
sprechender Weise Rechnung getragen; nur sind vielfach noch ältere 0rnaments
schulen ohne. ausgesprochenen Stil in Verwendung und nebenbei werden auch
Köpfe im Schatten nach den älteren französischen Vorlagewerken gezeichnet,
was dem exacten Formenstudium mehr Eintrag thut, als Nutzen schafft. Musters
haft hatte die deutsche Lehrerbildungsanstalt in Prag den correcten Lehrgang in
ihren schülerleistungen dargestellt. Im Ganzen zeigte aber die Ausstellung, dass
in 0esterreich in den für allgemeine Bildung bestimmten Schulen der Zeichens
unterricht eine weitaus bessere Pflege findet, als in irgend einem Staate Eur0pa7S
und dass derselbe gerade in der Gegenwart erst im vollsten Aufschwunge begriffen
ist. Nicht in gleichem Masse kann dies vorläusig noch von den gewerblichen
Schulen gesagt werden. Bis zu den Fiinfzigerjahren wurde nach dieser Richtung
äusserst wenig gethan, und das österreichische Kunstgewerbe war daher fast aus.
schliesslich auf ausländische Kräfte angewiesen. Die Erfahrungen auf den letzten
Weltausstellungen legten die Nothwendiglceit einer besseren Pflege des Unters
richtes dar; doch nur langsam fanden sich die Mittel, um den einzelnen l11dufkkie.
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