Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

PLAsTIK 
UND 
MALEREI. 
I 
sauber und allerliebst, wiihrend eii1. historisches Genrebild: Vorabend der Barthos 
lomäuSnacht, in der HallunkensPhyHognomie des Franzosen, der sich das weisse 
Kreuz an den Hut befestigt, ganz witzig und dabei gut gemalt ist. Zwei kleine 
Genrebilder des Finnläinders Carl Jan son, Seeleute beim Kartenspiel und Brauts 
werbung, scheinen die Düsselclorser Schule zu verrathen. Dasselbe ist wohl auch 
bei der Landschaft eines Finnländers, Berndt Lindholm, der besten in diesem 
Saale, voll feinen Stimmungslebens, der Fall, während ausserdem eine flache 
Gegend mit sumpsigem Boden von Szuchodolsky, ein kühl sgestimmtes nordis 
sches Strandbild von Eugen Dücker, und der Eisgang auf der Newa von 
Alexius Bogolj ubofs, klar, charakteristisch und fein in der Perspective, Bei 
achtung verdienen. 
Ueber die spanische Malerei im Zusammenhange zu sprechen, fühle ich 
mich nicht im Stande. Der Raum, welcher dieser Schule angewiesen war, einer 
der Eckpavillons mit Kuppellicht, war von schornsteinartigem Format und so 
dunkel, dass man höchstens bei geöffneten Thüren durch das von unten eins 
fallende Licht etwas erkennen konnte. Unter den Malern dieser Nation scheuen 
mehrere den grössten Mas8stiib nicht; so Mercada, welcher den Tod des heiligen 
Franz von Assisi dargestellt und dazu Ghirlandajo7s berühmtes Frescobild benutzt 
hat, und Dominguez, dessen Tod des Seneca ein ernstes Studium, gute frans 
zösische Schule, etwas von David7s akademischem Stil, aber kräftige Farbe und 
realistische Energie zeigt. Ein Genrebild von Pellice r, welches das abends 
liche Strassenleben in Madrid charakteristisch schildert, ein stattliches, in der 
Farbe prunkvolles 1Jamenportrait von Navarrete, ein Mädchen in Volkstracht 
von Rodriguez fielen mir noch am meistei1 in die Augen. 
Zu den Nationen, welche in der Malerei bereits an der Grenze der europäis 
schen Cultur stehen, gehören merkwürdiger Weise auch die Italiener, das grösste 
Kunstvolk der modernen VVelt, dem Europa im 15. und I6. Jahrhundert die 
VViedergeburt des Geschmacks verdankt. Noch immer ifI auf andem Gebieten 
etwas von der alten Begabung zu spüren, doch in der Malerei sind die ltaliener 
halbe Barbaren; sie treten anspruchsvoll auf, oft im grössten Massstabe, sie pruns 
ken mit ihrer Virtuosität der Technik, dabei haben sie aber fast niemals ein echtes 
Gefühl sur die Farbe, nie ein feines durchgebildetes Verständniss der Form. 
Ihre grosse künstlerische Vergangenheit, noch heut das Ideal der modernen XsVelt,. 
ist für die Italiener nicht vorhanden; sie sind in der Auffassung und Mache völlig 
modern, ebensowenig kennen sie aber auch ihre Natur, ihr Land und Volk, ihre 
Gegenwart; das, was um seiner Schönheit willen Menschen aus allen Nationen, 
und besonders die Künstler, über die Alpen lockt, wird von ihnen nicht verstans 
den, theilnahmlos gehen sie an Alledem vorbei. Motive aus dem V01ks1ehen 
Italiens, wie von dem Wiener.Passini, lebensVolle Gestalten aus dieser Welt, 
wie von dem Franzosen Bonii at, Blicke in die landschaftliche Schönheit dieser 
Gegenden, wie von 0swald Achenbach, finden wir hier nicht. Wie wenig 
können sich neben solcher Naturauffasfung  um zunächst bei der Lanclschaft 
zu bleiben  Arbeiten wie die von Vertunni sehen lassen. Künstler, die mehr 
Eigenthümlichkeit besitzen, glauben in der Landschaft nur dann etwas leisten zu 
können, wenn sie die Schönheit der heimischen Natur, der sie sich .nicht gewachsen 
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