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sI867J und die Pilger CI868J sind dürftige, geistlOse, gezwungene, und deshalb uns
angenehme Uebungen in alterthümlicher Manier.
Der Sonderling Wiertz blieb ohne Nachfolge, Henri Leys aber weckte
eine solche; eine grosse Anzahl junger Künstler machte diese ungesunden Vers
suche, die zum Modeartikel für den überreizten Geschmack geworden waren, mit,
und diese Richtung gab sich für die wahrhaft nationale aus. F. Vinck, Lagye,
in feinen ganz hübschen Interieurs mit auffallend schwachen Figuren, Braeckes
laer sehen wir auf ähnlicher Bahn. Am talentvollsten, mit einer gewissen Mässis
gung bewegen sich auf ihr Albrecht und Julian de Vriendt, der erste in
feiner Jacobäa von Baiern, welche Philipp den Guten um Gnade für ihren Gemahl
sieht, der zweite in der heiligen Elisabeth mit ihren Kindern, welche von den Eins
wohnern Eifenachs in das Elend gestossen wird is. dieAbb. S. I24J. Dies sind Bilder
ziemlich grossen Umfangs, denen man bei sorgsamer Ausbildung und gediegener
Färbung wenigstens ein grösseres Geschick in der Haltung, ein selbständiges Ges
fühl nichtsabfprechen kann. Frei von Alterthümelei sind nur die beiden grösseren
Hist0rienbilder von Emile Wauters, der wahns1nnige Hugo van der Goes, und
Maria von Burgund, welche die Sch6ffen von Gent um Gnade für ihre Rathe sieht.
Hier Enden wir wenigstens ausdrucksvolle und lebendige Charaktere, aber eine
dumpfe, schwere Farbe.
Neben den archaistischen Tendenzen weist die belgische Malerei auch hypers
moderne auf, die sich am sichtlicl1sten in Alfred Stevens verkörpern. Seine
sechzehn Bilder sind pikante Cabinetsstücke von eigenartigem Reiz der Farbe,
jedes einzelne ein Bravourftück. Sie stellen meistens Damen aus der feinen Ges
sellschaft in allerlei Toiletten und in verschiedenen Situationen dar, im Hauss
kleide, im Besuchss und PromenadensAnzug, als W6chnerin im Bette, unbelcleidet
im Bade, in hübschen Interieurs oder mit aufgespanntem Sonnenschirm vor einer
rothen Tapete, wo derselbe gar nicht nöthig ist. Dazwischen erscheint zur Abs
wechselung eine Japanes1n vor dem Spiegel auf dem grössten dieser Gemälde.
Jedes der Bilder übt feinen Reiz aus. Aber von Inhalt und Gedanken ist nirgend
die Rede. Weder ein feines geistiges Interesse noch ein Zug gemüthlichen
Humors, wie in den Cabinetsstücken der alten Niederländer, spielen hier hinein.
Die Geistlof1gkeit ist ein Zug, der in der modernen belgischen Genremalerei
durchgeht. VVillems malt nach wie vor Bilder, in welchen Atlaskleider die
Hauptr0lle spielen, ist dabei aber ohne Ausnahme hölzern und empsindungslos,
während in technischer Hinsicht ein Terburg und Metsu ihre Sache doch noch
besser verstanden. Madou bleibt mehr und mehr gegen frühere Leistungen
zurück, er ist im Vortrag flau, im Ausdruck gezwungenswitzig. Die Volksmalerei
gelingt den Belgiern vollends nicht. Gerade, wo der Ton des Humors anges
schlagen werden soll, fehlt es ihnen an Naivetät und Leben.
Eine gewesene Grösse ist auch der einst berühmte Thiermaler Verboeclcs
h0ven. Die jüngere Generation, wie Robbe, de Haas, Joseph Stevens,
leistet im Thierstück Besseres. Charles Verlat, jetzt in VVeimar, versteht es,
die Thiere scharf zu individualis1ren, ja sogar dramatisches Leben zu entfalten, in
den Hunden, die ein Kind vom Wolfe befreien. Nur sollte er es bleiben lassen,
einen Amor zu malen, und auch seine Bildnisse, welche man auf der deutschen
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