Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

PLASTIK 
UND 
MALEREI. 
als ob die Kluft minder gr0fS wäre, die unfer heutiges Sein und Denken von der 
lxVelt der Hellenen trennt. Eine fo1che Natur ist Adolpl1 Hildebrand. Thon 
waldfen7s f1tzender Scl1äferknabe mit dem Hunde, der Inbegriff keufcher Anmuth, 
holder Natiirlichkeit und edler F0rmvollendung unter den plaPcifchen VVerken 
der Neuzeit,. ist nicht schöner als Hildebrand7s fchlafender Hirtenlcnabe, der fanft 
hingeg0ffen dafitzt, rückwärts gegen den BaumPcamm gelehnt, in holdem Schlums 
mer. Ungefucht, fchlicht und dabei bezaubernd lind die Motive der Haltung: 
der linke Fufs v0rgefireckt, der rechte angezogen, im rechten Arm der IsIirtcns 
Hab, der linke läff1g herabhängend. Zarte Jugendlichkcit bei vollendeter Bildung, 
feine Naturbelaufchung, f1chereS F0rmverPcändnifs wirken hier zufarnmcn. Uns 
 
It 
 
mittelbarkeit des NaturgefÜh1s, Unfcl1uld und Grazie verbinden f1ch mit voller 
Kraft und Gefundheit, kein Zug des GefallfÜchtigen fpielt hinein. Vielleicht iPr 
die hintcre Linie des Halfes und des Nackens etwas zu stark, doch nur diefer 
kaum merkliche Einwand lässt f1ch gegen die herrliche Durchbildung der Gel1;a1t 
erheben. Die charakteristische Behandlung der festen wie der weichen Partien 
des Körpers, die feine Brechung der Flächen an Leib und Hüften, die Indjvis 
dualif1rung und vollkommene Durchgeifkigung des ganzen Baues find bewunderns 
werth. Bei gröfster Gediegenheit und Vollendung der Marmorausführung bleibt: 
doch jedes Prunken mit der Technik als folcher fern, und der erquickende Eins 
druck diefer Schöpfung wird erhöht durch den warm goldigen Schimmer, den 
der Künstler dem Marmor zu geben gewufst hat. Das edle Korn des Materials 
wirkt ungetrübt, aber das kalte, todte Weifs if: vermieden, über die Schöpfung 
ist ein woh1thuender Hauch des Lebens ergoffen.  
Von einer andern Seite und zwar nicht minder geilIvol1 und trefflich zeigt 
II. 
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