Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

DIE 
AUs5TELLUNCsSBAUTEN. 
als ein einst6ckiger Bau mit erhöhter Mittelhalle und niedrigen EcksPavillons dar, 
welche, wie der Mittelbau, flach gew6lbte, mit Sculpturen gefchmijckte Louvres 
Dächer tragen. Die fchräg gegen das südsPortal des IndufiriesPalaftes gekehrte 
Vorderfeite ift im Ganzen einfach gehalten; nur den Mittelbau zeichnet ein viers 
fäuliger korinthifcher Porticus aus. Reicl1er und gefälliger, dem Charakter des 
GartensPavill0ns entfprechend, ist die Architektur der Rückfeite. Hier tritt an 
Stelle des Porticus eine tiefe, von vorfpringenden VVandpfeilern mit Säulenvors 
lagen eingefafste Vorhalle, an welche links und rechts Loggien, von gekuppelten 
toscanifchen Säulen gestutzt, f1ch anfchliefsen. Durch diefe L0ggiengänge gelangt 
man aus der Vorhalle links in die Sal0ns der Erzherzoge und Erzherzoginnen, 
rechts in die für die Suite beftimmten Gemächer, während der Haupteingang 
direct in den grofsen Mittelfaal und von dort in die anft0fsenden Sal0ns des 
Kaifers und der Kaiferin führt. Das satte Roth der Hallenwände mit ihren matts 
gelben Pilaftern belebt den freundlichen Anblick des Gebäudes von der Gartens 
seite noch mehr. In der Mittelhalle, deren Fufsboden ein etwas zu helles und 
buntes Glasm0saik von Salviati ziert,sf1nd die Wände oben von einem in p0ms 
pejanifchem Styl ausgeführten Friefe umzogen. Die Decke fchmückt ein alles 
gorifches Gemälde von Karl Schönbrunner, das zwar nicht uneingeschränktes 
Lob verdient, aber dem gespreizten, fleckig und branstig colorirten Bilde von 
B0utib0nne an der Decke des Hauptsaales weit überlegen ist. Das Deckens 
gemälde im salon der Kaiferin und die reizenden Grottesken an den Thüren 
diefes Gemaches rühren von Professor Sturm her. 
Die dec0rative AuSPcattung und Einrichtung fammt1icher Raume ist von Pr0s 
fesf0r Josef st0rck entworfen; Giani, Haas, Lobmeyr, Faber und Dams 
b6ck, Paulik und Schr6ffel, Bühlmayer, Ifella, Franzini, VA1111i Und 
Andere haben in der Ausführung der kostbaren Gewebe, Möbel, Kan1ine und 
Prachtgeräthe mit einander gewetteifert und ein Enfemble von fo stylvoller und 
gediegener Pracht gefchaffen, wie es wohl kaum jemals in neuerer Zeit für einen 
vorübergehenden Zweck in dieser Vollendung hergestellt worden ifi. Wir übers 
laffen die XsVürdigung des Einzelnen unferm Berichtersiatter über die KunPcins 
duPcrie, glauben aber demfelbe11 nicht vorzugreifen, wenn wir den bedeutenden 
Auffchwung, den das österreichische KunfIgewerbe in den letzten Jahren genoms 
men hat, fch0n nach diesen dem Kaiferfalon gewidmeten Arbeiten mit FkeUde 
c0nstatiren. 
Das Gegensiück zu dem KaisersPavillon bildet der JurysPavillon, ein XVerk 
des Architekten Feldfcharek, der auch bei manchen der übrigen Ausstellungss 
bauten dem ChefsArchitekten zur Seite, stand und in dem zierlichen Bau, der den 
sitzungen der Preisrichter gewidmet war, eine schone Probe feines Talents abs 
gelegt hat. Die GefammtsDisp0s1ti0n ist der des KaisersPavillons verwandt, nur 
dass der Mittelbau, der den grossen Versammlungssaal umfasst, beim JurysPavill0n 
zweisi6ckig angelegt ist und die offenen Säulengänge, welche.,hier wie dort die 
Rückseite beleben, sich auch um den ha1brunden Abfc111ufs des Saa1baues herums 
ziehen. Die Dächer haben, dem schlichteren Charakter des Ganzen angemefsen, 
die geFcutzte Pyramidenform. Unter den mit Mass und feinem Gefchmack ans 
gewendeten Ornament finden besonders die schönen Eifengitter der P0rtale Es. die 
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