PLASTIK
UND
MALEREI.
noch durch mehrere treffliche Portraitbüsten und Reliefs vertreten. Endlich zog noch
ein Münchener Bildhauer von entfchiedenem Talent, aber oft auf bedenklichem
Wege, die Aufmerkfamkeit an: Michael Wagmüller, dessen Entwurf zu einem
Nationaldenkmal fcl1on unter den ConcurrenzsEntwürfen für das NiederwaldsMonus
ment in Berlin zu sehen war. Die 1nalerifche Verwilderung ift hier auf die äufserfte
Spitze getrieben, manche kühnen Ausfchreitungen von Reinhold Begas find noch
übertrumpft, von defse11 krönender Gruppe auf der Berliner Börse ift die VVinds
mühlentlügelsArmstreckung der HauptHgur entnommen, zahlreiche leichte Pers
fonen, die aus früheren Bildern Makart7s entlehnt fein könnten, treiben am Pies
destal ihre Gaukelei. Von hier ist nur ein Schritt bis zu dem clrolligen Zuckers
bäckerstil jener Z0pfm0numente, welche auf dem Graben in Wien nnd auf dem
Marktplatz in Mannheim zu Ehren Gottes ftehen. Dagegen find ein Paar Genres
stücke, die kleine Br0n7.e eines Mädchens mit einer Eidechfe, das in Marmor auss
geführte junge Mädchen, welches mit einem Kind auf feiner Schulter fpielt, trotz
der ijbertriebenen malerifchen Gewandbehandlung liebenswürdig, keck und lebens
dig, und ebenfo Hott wie geistreich tritt uns endlich Wagmüller in mehreren Pors
traitbüften, darunter derjenigen von Paul Heyfe, entgegen.
Von den Bildhauern 0efterreichs haben wir zwei der bedeutendsten, Zums
bufch und Kundmann bereits erwähnt. Von Fernkorn war noch das Modell
feines bereits 1860 enthüllten Reiterbildes des Erzherzogs Karl, von dem vers
storbenen Hans Gaffer ein Ganymed in Bronze zu sehen. Otto König ers
freute durch mehrere launige und geistreiche Figuren in kleinem Mafsftabe, Vins
cenz Pilz bewahrte f1ch als einen productiven, feine Aufgaben kühn und kräftig
angreifenden Künltler. Da fahen wir mehrere Denkmalsentwürfe, die er bei
Concurrenzen eingefendet hatte, ohne jemals den rechten Erfolg zu haben, und
doch hätte namentlich feine GoethesSkizze sfür BerlinJ entschieden mehr Beachs
tung verdient. Man hatte Recht, das zu weit Greifende des Programms zu
tadeln, den fchwungvollen Aufbau und die wahrhaft plaftifche Anlage hätte man
aber nicht verkennen follen. Mehrere gr6fsere Modelle führten uns einige der
lebenSvollen hift0rifchen Bildnifsf1guren aus dem Veftibul des Arfenals und von
der Elifabethbrücke vor.
Nicht im Ausftellungspalaft, wohl aber gleichzeitig im 0esterreichifchen
Museum fanden wir Arbeiten eines jungen deutfchen Bildhauers ausgeftellt, die
Alles übertreffen, was die Ausftellung felbft an plaftifchen Darstellungen bot.
Diefer Künstler ist Adolph Hildebrand aus Jena, jetzt in Italien.
Wir wiffen nur zu gut, dafs die Plaftik nicht in dem Mafse wie die Malerei
im Stande ist, der modernen EmpHndungsweife als Organ zu dienen und den
Inhalt des heutigen Lebens auszusprechen. Ihre ganze Existenz Hi heut eine bei
dingte, dem Bildhauer fehlt das entgegenkommende Verftändnifs des Volkes,
wenn er das eigentliche Ideal feiner Kunst offenbaren will, ja noch mehr, er
felbst vermag dieiwahrhaft plastifche Empfindung nur felten harmonifch auszus
bilden uncl rein zu bewahren. Um fo freudiger müfsen wir deshalb eine echt
plaltifch fühlende und geftaltende Natur begrüfsen, die, wahrhaft vom Hauche
des Genius berührt, durch alle Hemmniffe ahnungslos ihren Weg verfolgt, fo
f1cher, als ob es nicht anders fein könnte, als ob ein anderer Himmel uns lächelte,
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