Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

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H 3e;4 PLAsTIK UND 1vIALEREI. II 
Terraffe und Ba1uftrade, die Architektur 
des Hintergrundes klingt harmonifch, ges 
fattigt, glühend, beraufchend in farbiger1i 
Wohlklang zufan1n1en, fo daf5 kein anderer 
inoderner Künstler hierin Makart erreicht. 
Wunderv0ll flehen die Figuren im Raume, 
fie find dabei zu einer wirklichen C0mpofis 
ti0n verbunden, die grof5en Maffen fii1d mit 
Gefchick und Sicherheit bewältigt. Die 
XxVirkung der Farbe ist bei ihm keine rein 
äufserliche, dem Effect allein dienende und 
materielle; fie wird freilich auch nicht, wie 
bei Eugei1e Delacr0ix, zur Offenbarung des 
tiefften inneren EmpHndungslebens, aber 
einen poetifchen Zauber übt fie dennoch 
aus. XsVider1iche Züge, wie sie f0nlt bei 
Makart störten, lind kaum vorhanden; 
höchltens fehlt es dem kleinen Mädchen 
in der Nähe der HauptHgur an Natiirlichs 
keit und Gefundheit des Ausdrucks. Dann 
kann inai1 vielleicht fagen, dafs die Gefialt 
des rothen G0ndoliers, der fich feitwärts 
im Vordergrunde von dem blauen Gondels 
Zelt abhebt, Zu schreiend und zu abfichts 
licl1 auf den Farbencffect fpeculirt.  
Mifst man freilich Makart an feinem 
grofSen Vorbilde, fo mufs man zugeben: 
jene Feinheit der Uebergänge, jene Mäfsis 
gung und Zartheit mitten im Reichthuin, 
wie Pa0l0 Veronefe, erreiclite er nicht; 
beifpielsweife behandelt er die Luft, die 
Architektur des Hintergrundes viel zu wuchs 
tig und materiell. Vor Allem aber fehlt 
Makart eins: die eigentliche Individualifirung. 
Seine Gestalten find nur da, um diefe Stoffe 
Zu tragen und um ficl1 in diefe Gruppen ,zus 
f;im1nenziifchliefsen. Nirgend finden wir 
eine Perfönlichkeit, die zum wirklichen Chas 
rakter herausgebildet ift, nirgend ein Auge, 
aus dem wahres geiPciges Leben fpricht. 
Eine gewiffe Lähmung fcheint die Figuren 
zu bannen, ein Schleier, durch welchen 
Bewufstfein und WVille nicht hindurcl1blicken 
können, liegt über den Gefichtern; halb 
traumwandelnd erfcheinen diefe Menfchen
	        
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