Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

PLAsTIK 
UND 
MALEREl. 
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fiir die Brücke Kasrsis:1sNil zu Cairo und die Furie von der HerZ0gin von Marcello, 
ICaftiglionesC0lonnaJ,, geborenen Gräf1n d7Affry aus Freiburg in der Schweiz, 
ein VVerk von wilder Leidenfchaft der Empfindung und mächtiger Formauffaffung. 
Gute Biiften von derfelben h0chbegabten Dame waren in der SchweiZer und der 
franzijf1fchen Abtheilung der Kunfihalle zu finden. Die Mitte der Rotunde füllte 
der riefenhafte Brunnen des verstorbenen Klagmann, gegoffen von Durenne. 
Sein Aufbau kam nur deshalb nicht zur vollen Geltung, weil die ungefchickt vers 
baute Rotunde das nicht Zuliefs; er braucht einen weiten, freien Raum, wie die 
Place de la Conc0rde, um rechte Wirkung zu machen. 
Betrat man die KunPchalle, fo erblickte man auf den Treppenwangen die cos 
loffalen, her0ifch kiihnen Thiergruppen von Augufte Cain: Löwe und Tiger mit 
ihrer Beute. In der offenen Halle Hand Fremiet7s grofses Reiterbild des Hers 
zogs Ludwig I. von 0rleanS, eine RitterHgur von vollendeter C0ll:iimbehandlung, 
wahrhaft hiftorifchem Gepräge, auch in der Auffaffung, zum Beifpiel in dem vol1s 
kommen ruhig ftehenden Pferde, dem mittelalterlichen Geiste entfprechend, aber 
ohne arcl1aIftifcl1e Manier. Mercie hat f1ch in feiner Statue des David. der auf 
Goliath7s Haupt feinen Fufs fetzt, von dem berühmten Werke Donatello7s im Motiv 
beeinfluffen laffen, Zeigt aber wirklich etwas von dem GeilIe des altflorentinifchen 
Realismus in feiner Schöpfung. Das gilt in noch höherem Mafse von Paul Dus 
boi s7 Johannes dem Täufer, dem hageren Knaben von feltener Energie und Adel 
der Charakteristik. Auch deffen Horentinifcher Sänger iPc eine treffliche und pikante 
CofiLimf1gur, ähnlichen italienischen Verfuchen weit Überlegen, naiv empfunden 
und his7c0rifch treu im Charakter.  
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Von Clefinger fanden wir ein in Silber ausgeführtes, mit Vergoldungen 
und Cameen gefchn1ücktes Standbild der Phryne, die vor den Richtern fteht. 
Das lebhafte Gefühl für die f1nnliche Schönheit fchliefSt hier doch die Nobleffe 
nicht aus. Auch feine Tänzerin in Bronze ist eine kecke und lebendige Figur. 
CailleHs Bacchus mit dem Panther, Maillet,s Jäger, Blancharcl7s junger 
Equilibrift, lYloulin7s Fund in Pompeji, T0urU0js7 Bacchus als Erfinder der 
Komödie find glücklich bewegte, tüchtige Arbeiten. Bei Lequesne7S r6mifchem 
Sklaven, wie bei san fon7s r6mifchen1. Tänzer ift die ftraffe Bildung des ManneSs 
lc6rperS mufterhaft durchgeführt. Der schlangenbändiger von B0urge0is, keck 
und geiftv0ll, zeigte uns den Künstler von einer günftigeren Seite als in feiner 
früher erwähnten Pythia, und ebenf0 hat Delapslanche durch feinen Knaben auf 
der Schildkröte  ein allerliebstes Motiv  feine in Marmor ausgeführte, übervolle 
Eva weit übertroffen. Von M0reausVauthier fanden wir eine kecke AmorE1gur 
und einen an der Quelle knieenden Trinker, welcher nur von Hildebrand7s Trinker 
übertroffen wird. Salm fon,8 Spinnerin ist eine fcharf und forgfam durchgeführte 
GewandHgur. Der Ariftophanes des verstorbenen Franc;0is Clement Moreau 
ist ein edles und ausdruckSvolles Charakterbild. Carpeaux führte uns aufSer 
feiner gefälligen Genref1gur eines neapolitanifchen Fifchers mehrere Biiften in 
Terracotta vor, die bei vielem Geiste doch zu fehr in das SüfSliche und Sinnliche 
hineinfpie1en. Von kleineren BronZen feien die Gladiat0ren von Guillaume, 
fowie Mene7s wohlbekannte, lebendige und geistreiche Arbeiten: der reitende 
Jäger mit den Hunden und der Araber Zu Pferde, genannt.  
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