Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

PLASTlK 
UND 
MALEREI. 
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schaut, ist harmlos sinnlich ohne verletzenden Zug und col0riPcifch wol1l gelungen, 
allerdings ohne höheres Schönheitsgefuhl. 
Unter den Malern der Landfchaft, des ViehPciicks u. f. w. iiber1trahlten die 
Werke von zwei berühmten Verllorbenen, Tro you und Th eodore R0 u fseau 
an Naturgeflihl, Meisterfchaft des Vortrags, Colorit, Tonwirkung und poetifcher 
Empfindung alles Uebrige. Aufserdeni fanden wir Landfchaften von Franc,;ais, 
Cabat, Dupre, Diaz, Paul Huet, eine grofse Anzahl Bilder von Corot, 
die bei der vollen AuHöfung alles GegenPcändlichen in Schimmer und Duft, denn 
doch von zauberhafter Wirkung des Tons find, mag es auch nicht an manierilIis 
fchen Zügen fehlen, endlich mehrere Gemälde von Franc,;0is Daubigny mit 
ihrer Kühnheit des freien, skizzenhaften Vortrags, dem fast äng1tlichen Vermeiden 
aller Linienfchönheit, der energifchen Wirkung ohne eigentliches Hafchen nach 
Effect. Charles Pierre Dausbigny arbeitet glücklich im Stil seines Vaters, 
wie fein ausgeftelltes strandbi1d zeigte. Von hoher poetifcher Schönheit find 
die Winterlandfchaften, namentlich der Wald bei Sonnenuntergang, von dem 
jüngeren F,mile Breton. 
Unter den stilllebens und Blumenmalern, die zwar vorwiegend Alle mehr 
auf glänzende decorative WVirkung als auf ein feineres Stimmungsleben ausgehen, 
feienCouder, Philippe Rouffeau, Desgoffe, Mme.Escallier, dann aber 
namentlich Vollon um feiner meiPcerhaft gemalten 5eef1fche willen erwähnt. 
Der franzöfischen Plastik wurde bereits oben im Zusammenhange mit 
der m0numentalen Malerei Frankreichs im Allgemeinen kurz gedacht. VVir 
tragen dazu hier über die wichtigsten der ausgestellten Werke einige Bemerkuns 
gen nach. 
Schritt man auf das Hauptportal der Kunfthalle zu, fo fand man vor dems 
felben im Freien ein Marmorwerk von dem Baron Charles Arthur Bourgeois, 
ein leidenschaftliches Frauenzimmer, das fich mit der Linken in die Haare fährt 
und die Rechte warnend emporhebt. Wer im Katalog nachfieht, erfährt, dass 
diefe Gestalt die Pythia darPcellt und merkt dann auch, dafs fie auf einem Dreis 
fufs fitzt; jeder Unbefangene hält sie für la France, die vRevancheIa fchreit. Die 
Franz0fen find aber viel mafsvoller als wir es ihnen zutrauen; Cabel7s Gypss 
modell ssI87Ia führt uns in der Figur Frankreichs nur ein Bild dun1pser vers 
zweifelter Trauer vor Augen. Die Begabung der Franzosen für das Patl1etifche, 
welche jenes Werk von Bourgeois in rhetorifcher Uebertreibung zeigt, tritt wirks 
famer und bedeutender in einer Marm0rgruppe von Barrias zu Tage, dem 
Knaben Spartacus, der zu den Fufsen feines gekreuzigten Vaters Rache schwört. 
Das Herbe des Motivs bringt auch hier und da eine gewisse formale Härte mit 
fich, aber die Compofiti0n hat etwas Mächtiges, der Ausdruck ift dramatifch. 
Von, demselben KtinPcler fanden wir, fowohl in Marmor wie in verfilberter Bi;0nze, 
ein schlichtes, gut durchgefiihrtes Genrewerk: die spinnerin von Megara. C0n1i 
pofitionstalent mit ann1uthiger Schönheit verbunden offenbart die Hebe von Cars 
riersBelleuse, einem Schüler von David d7Angers; von dem mächtigen Adler, 
der über ihr zu wachen fcheii1t, befchattet, liegt die zarte Mädchenfigur weich 
hingebettet auf Jupjter7s Thron. Gestalten in fchlichter, idylliseher Situation, 
mögen die Motive aus der antiken Myt11e gefchöpft sein.oder nicht, gelingen den 
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