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PLASTIK
UND
MALERE1.
hält und mit letzte; Kraft ums
fiimmungsv01l und von dLiftes
wundeter Franzofe noch die Fahne umklammert
herfpäht, ifk nicht ohne tendenzi6fen AnHug, aber
rer P0ef1e.
Neben diesem gefunden Realismus, der mit echt malerischer GefLihlsweife
verbunden ist, fanden wir aber auch Aeufserungen jenes krankhaften Geistes, der
sich unter dem zweiten Kaiferreich entwickelt hatte. Die Arbeiten des vielbes
wunderten Jean Le0n Gc3rome haben unverkennbare künstlerische Qualitäten,
doch sie sind auf den tiberreiZten und dadurch abgestumpften Sinn einer blaf1rten
Gesellschaft berechnet. Wenn ich ,,berechnetss sagte, f0 ist dies zwar eigentlich
zu viel. Die bewufste speculati0n des Künstlers mag bei der Wahl des Stoffes
wie bei der Behandlung ihre Rolle fpielen, f1e ist aber eigentlich nicht die Haupts
fache, sondern im Ganzen bewegt f1ch Gemme ziemlich unbefangen in feiner
Welt. Nur dass er eben nirgend durch ein tieferes inneres Interesse, durch einen
idealen Zug geleitet wird; dass ihm zweierlei fehlt, ohne das kein echtes künftles
rifches Schaffen, auch im realiskifchen stile, möglich ist: die Frische und die
Wärme des Gefühls. Sein Wissen, seine archä0logifchen und ethnographifchen
Interessen bestimmen ihn, indem er culturhist0rifche Sittenbilder aus dem claff1s
schen Alte1thum oder Scenen des modernen orientalischen Lebens malt; und
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wenn er auf diefem Wege vorzugsweife Zu Gegenständen kommt, die theils ftark
f1nnlich gefärbt, theils furchtbaren und graufamen Inhalts find, fo mag das eben
nur deshalb gefchehen, weil er zu wenig Feuer, Geift, Gefühlswärme und idealen
Sinn hat, um. dem Einfachen ein tieferes Intereffe abgewinnen Zu können. Er bei
f1tZt weder Erfindung, noch Gefühl für Schönheit der Form und für den wahrs
haft poetifchen Reiz der Farbe. Aber das, was er beobachtet oder durch
Wiffen und Studium lich zurechtgelegt hat, giebt er mit ungewöhnlicher Ges
nauigkeit und Schärfe in Gestalten und Oertlichkeit wieder, wie nach der Pl10t0s
graphie gearbeitet, und bei meist kleinem Format der Bilder fauber, fast gelec1ct,
allerdings auch leblos und elfenbeinern in den nackten Partien trotz aller Sorgs
falt der Durchbildung. Gerade bei dieser eleganten Zierlichkeit der Behandlung
wirkt die Darfiellung des Gräifslichen oder finnlicl1 Erregten, welche bei feuriger
Kühnheit der Auffaffung und des Vortrags erträglich wäre, oft um f0 vers
letzender.
Bereits bekannt ist die Wache am Eingang der Mofchee ElsAffaneyn, an
der abgefchlagene Häupter aufgefcl1icl1tet und aufge11ängt lind fe11r frappant,
aber mit fkumpfer Nücl1ternheit, die um f0 brutaler wirkt, vorgetragen. Dann
fahen wir ein figurenreicheS Gladiat0renbild, das zu feinem früheren, berühmten
Bilde ,,Ave Caefar, morituri te salutantH eine Art Gegenftij;:1c bildet. Der f1egs
reiche Fechter fetzt den Fufs auf den Körper des niedergew0rfenen Gegners
und fchaut triumphirend umher, während die erregte Zufchauermenge, naments
lich die Weiber, ihm das Zeichen geben, jenem den GarauS zu machen, und der
Kaifer dabei gleichgültig I9rLichte verzehrt. Auch hier ift die Rohheit des Ges
fühls geradezu unerträglich. Ueberlegen find eine 0rientalifcl1e Badefcene, ges
fliffentlich unfchön comp0nirt, aber mit gut durchgebildetem Frauenk6rper, ein
in der Stimmung fehr charaktervolles WüPcenbild mit einem Araber neben feinem
verfchmachtet hingefunlcenen Pferde, endlich eine SpaZierfal1rt des Harems zu