Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

PLASTIK 
UND 
MALEREI. 
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und Adel. Und wie ist auch in diesen beiden Bildern wieder der Frieden des 
Abends Zum Ausdrucke gebrachtI Inmitten der gedämpften, dämmernden 
Stimmung überrafcht uns die sichere Klarheit, mit der jede Form zur Geltung 
kommt, bei aller Unbefangenheit sind Bewegung und Haltung überall edel und 
stilvoll. Wie richtig existiren die Figuren im Raum, wie vollendet ift die Mode1s 
lirung auch in den dunkelften Schattenpartien, wie fein umfpielt das Licht die 
Umrisse der K6rperl Und  bei aller coloristifchen Meisterfchaft, aller Breite 
des Vortrags  welche keufche Discretionl 
Das Vorzüglichste, was von Louis Ernest Meiffonier vorhanden war, 
bestand in zwei ganz kleinen Bildchen aus dem Jahre I869, Zu denen Antibes 
die scenerie geliefert hat. Auf einer Strafse, die sich neben der Mauer l1inzieht, 
läfst er das eine Mal einen Reiter und einen FufSgänger fehen, die bei gluhens 
dem Sonnenlicht ihres Weges ziehen; das zweite Mal eine Kegelpartie von 
Soldaten in der Uniform des ersten Kaiferreichs. Jedesmal volles, fcharfes Licht 
und reizlofe Gegend, aber eine Sicherheit dersmalerifel1en Wirkung, die Über 
jeden Begriff geht, eine Schärfe der Beobachtung, die kühl, ruhig, fogar manchs 
mal felbPc mühsam alles Gegenstand1iche mit der.äufsersten Genauigkeit und Ges 
diegenheit festhält, eine Fähigkeit, im allerkleinsten Mafsstabe zu arbeiten und 
dennoch im Vortrag breit zu fein. In dieser Hinsicht erfeheint namentlich das 
zweite dieser Bilder als ein wahres iWunder. Verwandt ist der Halt von drei 
Reitern vor einer schenke, ein Motiv, welches der Künstler schon früher, in etwas 
anderer Composition, behandelt hatte. Ein kleines Kriegsbild, zwei srans 
zos1sche Chasseurs zu Pferde in einem entlaubten Walde, ist wahr und malerisch. 
In einem Genrebilde von I872 tritt dann Meifsonier uns plötzlich in einem für 
ihn ungewöhnlich grossen Massstabe entgegen, den, er aber mit gleicher Virs 
tuos1tät zu beherrschen fähig ist. Es stellt einen Scl1ildermaler dar, welcher 
einem schmunzelnden VVirthe das für diesen gemalte Aushängeschild mit einem 
Bacchus auf dem Fasse zeigt. Beide Gestalten, im bürgerlichen Costüm vom Ende 
des vorigen Jahrhunderts,is1nd von einem so lebendigen und behaglichen Hun1or 
des Ausdrucks, wie er sonst bei dem überwiegend kühlen Meissonier nicht vors 
kommt, uncl so nähert er sich hier den alten Holländern, die in rein malerischer 
Hinsicht feine Vorbilder waren, auch in der alten launigfrohen, gemüthlichen 
Auffassung. 
Zwischen allen diesen kleinen Genrebildern hing abersendlich ein grosses 
Kriegsbild, an welchem Meissonier seit einer langen Reihe von Jahren gearbeitet 
hat und das hier, obwohl noch nicht ganz vollendet, zur AuSstellung gekommen 
war: ,,Napoleon I8o7U. Dem ,,Napoleon I8I4U, den der Künstler früher geschaffen 
hatte, kommt dies neue Bild an grossartigem historischen Geiste nicht gleich, 
aber höchst lebendig ift das Vorbeifausen der Kürassiere zum Angrifs dargestellt 
und die geschichtliche Erfcheinung als folche ist mit grosser Sicherheit und 
Kenntniss festgehalten, die Arbeit allein, die uns aus diesem Bilde entgegentritt, 
Hösst Respect ein; welche Studien liegen hier jedem einzelnen Motiv, jeder Ges 
stalt, jedem Pferde zu GrundeI Doch im Ganzen mochte man vielleicht zu dem 
Schlusse kommen, dass das Einzelne f1ch nicht in allen Theilen harmonisch 
zusammenfchliesst, dass hier und da der Eindruck des mosaikartig aus kleinen 
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