PLASTIK
UND
MALEREI.
H
und Adel. Und wie ist auch in diesen beiden Bildern wieder der Frieden des
Abends Zum Ausdrucke gebrachtI Inmitten der gedämpften, dämmernden
Stimmung überrafcht uns die sichere Klarheit, mit der jede Form zur Geltung
kommt, bei aller Unbefangenheit sind Bewegung und Haltung überall edel und
stilvoll. Wie richtig existiren die Figuren im Raum, wie vollendet ift die Mode1s
lirung auch in den dunkelften Schattenpartien, wie fein umfpielt das Licht die
Umrisse der K6rperl Und bei aller coloristifchen Meisterfchaft, aller Breite
des Vortrags welche keufche Discretionl
Das Vorzüglichste, was von Louis Ernest Meiffonier vorhanden war,
bestand in zwei ganz kleinen Bildchen aus dem Jahre I869, Zu denen Antibes
die scenerie geliefert hat. Auf einer Strafse, die sich neben der Mauer l1inzieht,
läfst er das eine Mal einen Reiter und einen FufSgänger fehen, die bei gluhens
dem Sonnenlicht ihres Weges ziehen; das zweite Mal eine Kegelpartie von
Soldaten in der Uniform des ersten Kaiferreichs. Jedesmal volles, fcharfes Licht
und reizlofe Gegend, aber eine Sicherheit dersmalerifel1en Wirkung, die Über
jeden Begriff geht, eine Schärfe der Beobachtung, die kühl, ruhig, fogar manchs
mal felbPc mühsam alles Gegenstand1iche mit der.äufsersten Genauigkeit und Ges
diegenheit festhält, eine Fähigkeit, im allerkleinsten Mafsstabe zu arbeiten und
dennoch im Vortrag breit zu fein. In dieser Hinsicht erfeheint namentlich das
zweite dieser Bilder als ein wahres iWunder. Verwandt ist der Halt von drei
Reitern vor einer schenke, ein Motiv, welches der Künstler schon früher, in etwas
anderer Composition, behandelt hatte. Ein kleines Kriegsbild, zwei srans
zos1sche Chasseurs zu Pferde in einem entlaubten Walde, ist wahr und malerisch.
In einem Genrebilde von I872 tritt dann Meifsonier uns plötzlich in einem für
ihn ungewöhnlich grossen Massstabe entgegen, den, er aber mit gleicher Virs
tuos1tät zu beherrschen fähig ist. Es stellt einen Scl1ildermaler dar, welcher
einem schmunzelnden VVirthe das für diesen gemalte Aushängeschild mit einem
Bacchus auf dem Fasse zeigt. Beide Gestalten, im bürgerlichen Costüm vom Ende
des vorigen Jahrhunderts,is1nd von einem so lebendigen und behaglichen Hun1or
des Ausdrucks, wie er sonst bei dem überwiegend kühlen Meissonier nicht vors
kommt, uncl so nähert er sich hier den alten Holländern, die in rein malerischer
Hinsicht feine Vorbilder waren, auch in der alten launigfrohen, gemüthlichen
Auffassung.
Zwischen allen diesen kleinen Genrebildern hing abersendlich ein grosses
Kriegsbild, an welchem Meissonier seit einer langen Reihe von Jahren gearbeitet
hat und das hier, obwohl noch nicht ganz vollendet, zur AuSstellung gekommen
war: ,,Napoleon I8o7U. Dem ,,Napoleon I8I4U, den der Künstler früher geschaffen
hatte, kommt dies neue Bild an grossartigem historischen Geiste nicht gleich,
aber höchst lebendig ift das Vorbeifausen der Kürassiere zum Angrifs dargestellt
und die geschichtliche Erfcheinung als folche ist mit grosser Sicherheit und
Kenntniss festgehalten, die Arbeit allein, die uns aus diesem Bilde entgegentritt,
Hösst Respect ein; welche Studien liegen hier jedem einzelnen Motiv, jeder Ges
stalt, jedem Pferde zu GrundeI Doch im Ganzen mochte man vielleicht zu dem
Schlusse kommen, dass das Einzelne f1ch nicht in allen Theilen harmonisch
zusammenfchliesst, dass hier und da der Eindruck des mosaikartig aus kleinen
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