Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

  
PLASTIK 
UND 
MALEREl. 
dem Ensemble der betreffenden Saaldecoration 1ninder fchwer empfunden werden 
wird. Wer f1ch von der Trefflichkeit der Compof1tion recht schlagend überzeus 
gen will, der braucht nur die iiberrafchend kräftig ausgefallene Photographie ans 
zufehen.gBei Cabanel hat f1ch Julius Meyer7s Vermuthung, bei der man I867 ein 
Fragezeichen zu machen sich gedrungen fühlte, bestätigt: ,,Es steckt wohl in dem 
gut gefchulten Maler das Zeug zu ernsteren Arbeiten, wenn es ihm gelingt, aus 
diefem frivolen Gebiete herauszutreten.U Von Frivo1ität ist in diefem Gemälde 
keine Spur, wenn auch freilich ebensowenig eine warme, lebhafte Empfindung 
dies Gestaltenheer durchströmt. 
Indem wir die zahlreichen Namen der fonst noch mit monumentalen Ars 
beiten Befchäftigten musIern, fällt uns die zunächst fcheinbar befremdliche Thats 
facl1e auf, dafs Künstler der allerverfchiedens7cen Richtungen in einem oder dem 
anderen Stadium ihrer Entwickelung durch die praktische Uebung in der grofsen 
Kunst hindurchgegangen find: Es ist höchst anziehend und belehrend, Art und 
Grad des Gelingens oder Mifs1ingens mit der anderweitigen früheren, gleichzeitigen 
oder fpateren Bewährung des Künstlers in Vergleich zu stellen. Dass aber so 
grundverfchiedene Künstler gelegentlich verfuchsweife zu solchen Arbeiten heraus 
gezogen werden, das ietzt die  wenigstens inslinctiv vorhandene  richtige 
Ueberzeugung voraus, dass nur durch einen ernfthaften Versuch die Tragweite 
der Begabung zuverläff1g ermittelt werden kann, und dafS selbst das ausgefprochene 
Talent oft von felbst nicht auf seine eigentlichen WVege kommt, oder nach fchiichs 
ternen, andeutenden aus eigenem Antriebe ausgeführten Proben nicht hinlänglich 
erkannt wird. Wie follte es nicht auch in der Kunst gelten: ,,Es wächst der Mensch 
mit feinen höhern ZweckenUP Und iPc nicht die Ausfiil1rung hoher denn die skizze, 
nicht die monumentale 1.eislung begeisterndcr als das ohne Bestimmung gemalte 
StaffeleibildF 
Nächsl: jener fubjectivcn V0rausfetZung  i1n Befkeller  hat dicke vielfeitige, 
faPc allfeitige Antheilnahme der Künstler an den monumentalen Arbeiten aber 
auch noch eine 0bjective  in den Künstlern selber. Was bei uns noch immer 
Gegenstand der Erwägung ift, ob und wann dem angehenden Künstler eine indis 
viduelle Richtung gegeben und gestattet werden foll, das ist in der Praxis der frans 
Zof1fchen KünPclerbildung 1ängft und mit bestem Erfolge in der einzig richtigen 
Weile entfchieden. Bei uns fuhlt f1ch der junge Akaden1iker fchleuniglt als 
Künstler, geniefst akaden1ifche Freiheiten, und trägt lange. Haare und einen Rus 
benshut. Er achtet Alles gering, was er nicht kann oder nicht versieht, und sieht 
die ganze Kun1I befchloffen in dem, was ihm zufällig  entweder wirklich, oder 
auch nur nach feiner Meinung  gelingt. Es fitzt unferer ganzen Akademies 
wirthfchaft, wenn auch mit Worten in Abrede gestellt, doch th3.tfäch1ich der 
alte Zopf noch im Nacken, zu glauben, dass es möglich, und fomit Aufgabe fei, 
jemanden zum KiinPcler zu machen. Es wird auch von den KiinPclerbildungsans 
Halten her jeder Zögling als Künstler angefehen, deffen oft gewiss höchst vers 
kehrter und befchränkter Individualität eine Berechtigung zuerkannt und eine 
Rücksicht erwiefen wird, auf die doch lediglich erst die fertige, bewahrte KLinPcs 
1ernatur Anfpruch hat.  
Bei den Franzofen weifs man und beachtet man PcrengltenS, dafs von der 
ll is
	        
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