PLASTIK
UND
MALEREI.
H
Es wäre eine eben so erfreuliche Aufgabe, wie es durch die Gerechtigkeit ersors
dert wird, der monumentalen Kunst der Franzosen eine eingehende XVLirdis
gung widerfahren zu lassen; und doch muss es aus Mangel an Raum unterlassen
werden. Nur eine su1nmarische Ueberschau ist möglich, welche aber um so mehr
dem Bedürfnisse an dieser Stelle genügen kann, als die Franzosen, hier wie überall
Meister in der lnscenesetzung, die Hauptmasse ihrer m0numentalen Kunst in übers
sichtlichem und imposantem Gesammtbilde vorgefuhrt hatten. Wir meinen die schon
angedeutete Specialausstel1ung der Stadt Paris, welche ihrer eigenthumlis
chen Zusammensetzung wegen sich in das Gruppenschema ders,Weltausstellung nicht
einfiigte, und deshalb ganz abgesondert aufgestellt werden musste, leider aber
keinen selbständigen Bau zum Aufenthaltsorte angewiesen bekommen hatte, sons
dem am Ende einer ,,Zwischenga1erieU seines überdeckten HosesJ, gegen die Haupts
halle des Industriegebäudes durch eine Ausstel1ung von Wagen u. s. w. maskirt,
einen für viele Besucher unentdeckten Aufenthalt gefunden hatte. Solche unHnds
bare Raume, welche in dem Weltausstellungspa1alte von Paris 1867 durch keine
Kunst herzustellen gewesen wären, brachte eben das winlcelige, unorganische und
confuse System des XJViener Baues reichlich und spontan hervor.
Dort sahen wir nun die Entwiirfe zu 48 ausgeführten Bauwerken der Stadt,
dazu von achten prächtige monographische Bearbeitungen, ferner eine musterhaste
Monographie über das verbrannte.H6te1 de Ville, und endlich sechs Concurrenzs
pläne für dessen Wiederaufbau. Als architektonische entziehen sich diese Werke
der Beurtheilung an dieser Stelle: sie werden sie nach Bediirfniss von anderer Seite
erfahren. Aber wir sehen überall Maler und Bildhauer, oft in beträchtlicher Ans
Zahl, als ,,MitarbeiterU ausgeführt; zum Beweise, dass überall bei öffentlichen Ges
bäuden, von dem Justizpalast, der Dreifaltigkeitskirche und dem Cl1äteletsTheater bis
herab zu Schulen, Mairien und Casernen, den bildenden Künsten würdige Aufs
gaben in der Theilnahme an der monumentalen Gestaltung zu Theil werden.
Theils für dieselben, theils sur zahlreiche andere Architekturen der französischen
Hauptstadt sahen wir in Skizzen, in Cartons und Modellen, in fertiger AusfUhrung
und in verschiedenartigster Reproduction von Malern und Bildhauern monumentale
und zum Theil sehr umsangreiche Arbeiten geliefert, und sei es auch mit wes
niger Originalität und Genie die jüngeren in den Spuren der grossen Vors
gänger v0ranschreitend.
An diese selbst werden wir noch vielfach erinnert. Eugene Delacroix ist
durch seine drei Gemälde in der Engelcapelle der Kirche St. Sulpice vertreten,
jene mächtigen Ausbriiche einer gewaltigen und fruchtbaren Phantasie, welche
durch das Ungestüm ihrer Lebensfü1le einen bestechenden Ersatz für die mans
gelnde stilvolle Regelmässigkeit und Symmetrie der Comp0siti0n darbieten. H ip p os
lyte Flandrin, der ernste und feierliche Meister, der grösste, den Frankreich
je im religiösen Fache grossen Stiles hervorgebracht, giebt in seinen Malereien
der Kirche St. Severin und der Kirche St. Germain des pres sowie in den herrs
lichen Fresken aus der Kirche St. Vincent de Paule einen Maassstab, der freilich,
streng zur Anwendung gebracht, sur die Jüngeren vernichtend ist. Hierzu kommt
noch die grossartige Zeichnung vonJean Auguste Dominique lngres: ,,Die
Apotheose des HomerU, ursprünglich als Deckenbild für einen der Antikensale
s1 II