FRANKREICH.
noch der besondere Antrieb gekommen ist, jede Spur einer Scharte auszuwetzen,
fo ist von allen Seiten eine Rührigkeit und 0pferwilligkeit an den Tag gelegt,
die es bewirkt hat, dafs kaum ein irgendwie klangv0ller Name aus der jetzigen
Künstlergeneration auf der Weltau;stellung unvertreten war; und dabei hat
Frankreich es möglich gemacht, dafs fast kein Werk von der AuSstellung von
l867 hier wieder erfchienen ist. Namentlich die bedeutendsten Künstler, ein
Meiffonnier, Ger6me, B0uguereau, B0ulanger u. f. w., auch die berühmten Pors
trätmaler, wie Cabanel, Duran, Nelie Jacquemart u. A. treten mit durchweg neuen
VVerken auf.
In ihrer Gefammterscheinung zeigt diefe modernste franzöf1fche Kunst wies
derum, dass das künstlerische Können und Wissen sich dort einer Pflege erfreut,
wie vielleicht nirgend sonst wo. Jeder Meister selbst zweiten und dritten Ranges
ist bewufst und klar in feinen Zielen und beherrfcht ficher und gewandt die zu
feinem Zwecke erforderliche Technik; Unfertigkeiten in Zeichnung und Pinfels
führung kommen nicht vor, absolute Thorheiten, gräuliche Fadheiten und Alberns
heiten, wie f1e anderwärts wohl vorgeführt zu werden pflegen, gehören hier fo
zu den Ausnahmen, dass man vielleicht sagen kann, man findet f1e gar nicht,
abgefehen natürlich von einem Gef1chtspunkte, auf den ich nach diefem der Alls
gemeinheit gefpendeten Lobe hinweifen muss. Der technischen Meisterfchaft steht
nämlich ein Mangel an einfach natürlichem Gefühl, an wahrhaft künstlerifchen
Ideen gegenüber, und es wird diefem Mangel mit einem Hafchen nach den
pikantesten, barocksten, mitunter abstossendsten 5ujets abzuhelfen gefucht, so dass
man sich einem Gefühle der Unheimlichkeit und der Befremdung in den Räumen
der französischen Kunst kaum entziehen kann. Aber diese Schwächen.werden
durch jene guten Eigenfchaften fast in Vegeffenheit gebracht, deren inniger Zug
fammenhang mit der Cultivirung einer wahrhaft grossartigen nationalsmonumens
talen Kunst vorher ausgeführt ist. Liegt es doch auch gar nicht so fern, die
unnatürlichen Appetite, welche sich in der Auswahl der Stoffe kundthun, auf
die ungefunde Temperatur der gefellschaft1ichen Atmofphäre während der letzten
Decennien zurückzuführen, und wenn man auch in den augenblicklich herrfchens
den Zuständen Frankreichs noch keine Gewähr für eine gefundere Luft finden
kann, in welcher die Kunst ruhig Athem fchöpfen könnte, fo ist doch die
Rückkehr zu foliden Zuständen immerhin näher gerückt, als noch vor wenigen
Jahren.
Ein höchst anerkennenswerthes Taktgefühl haben die Franzosen darin bei
währt, dafs sie die rief1gen schlachtenbilder, durch welche sie die früheren Grosss
thaten ihrer ,,unbef1eglichen ArmeeU zu verherrlichen stets übermäfsig bestrebt
waren, nicht haben auf der We1tausfiel1ung erscheinen lassen, sondern dass die
Kriegsbilder, die überhaupt vorhanden sind, fast ausschliesslich dem letzten Kriege
angehören und zwar ihre Vorwürfe in genrehaster Auffaffung und, beiläufig gleich
hier zu erwähnen, mit einer feltenen Vortrefslichkeit behandeln; so Z. B. was
Protais undiBernesBellecour in diefer Art geliefert haben. All die zahlreich ges
malten Fanfaronaden und Beleidigungen des Gegners hat man unterdrückt.
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