Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

 
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DIE 
FRAUENARBEIT. 
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Vögel und Blumen leuchteten, Arbeiten, welche weniger durch die Zeichnung 
als durch Glanz und Schimmer an ähnliche Producte Indiens erinnerten. 
Die Golds und Silberbenähung, der kostbarste und blendendste Schmuck der 
Gewebe ist so recht: eigentlich in Indien daheim, und was dieses Land von 
solchen Dingen, von mit Gold und Silber überschütteten. Gewändern und Decken 
gebracht hatte, wurde von keinem anderen Lande erreicht. In den Prachtwerken 
indischer Technik dient der G0ldfaden oder das blitzende Schnürchen nicht als 
Randverzierung, nicht als kostbarer Schmuck, sondern wird zum Bestandtheilc 
des Gewebes, das es nahezu vollkommen bedeckt, und welches nur hie und da 
durch die meist herrliche Zeichnung blickt, und ihr als dunkler Untergrund, als 
Folie dient, aus der das schimmernde Gepränge mit doppelter Gewalt leuchtet. 
Die Dessms erscheinen meist in grossen Zügen gezeichnet, da ist nichts kleinlich, 
nichts angstvoll klügelnd überdacht, sondern leicht, schwunghaft schlingt sich 
Palme um Palme ineinander, und Zieht grossartige weite Linien über den dunklen 
Sammet oder die purpurne Seide, auf der die Last von Gold und Silber liegt. 
Während der Besi:hauer wie geblendet vor diesen blitzenden, glühenden 
Dingen stand, welche die Mehrzahl der Schranke füllten, begegnete sein Auge 
da und dort auch anderen, weicheren Geweben, auf denen die köstliche Seide, der 
feine, wollene Faden lag, und in verschiedenartiger Technik verwendet, dem Unters 
stoffe originel1en Reiz verlieh. Es waren da Ueberwürfe und Shawls, auf denen 
mit weisser oder mit schwarzer 0fsener Seide grosse Blumen und 0rnan1ente in 
Flachstickerei ausgeführt waren, und den ganzen Untergrund bedeckten. Die 
Arbeit sah lose gefügt aus, die Stiche waren sehr lang und die 0fsene Seide lag 
nicht knapp und stramm auf dem Stoffe; aber eben dadurch machte die Arbeit 
einen unendlich scl1miegsamen, weichen, kühlen Eindruck, so wie man sich die 
Gewänder denkt, die unter der heissen, indischen Sonne mit Behagen zu vers 
wenden sind. Ebenso köstlich und weich waren die Shawls von Caschmir, auf 
denen die Seide gleich den Schnürchen in schöner Zeichnung ausgenäht war, 
und durch die hie und da ein flimmernder Goldfaden zog, und dem Ganzen den 
Reiz fröhlichen, hellen Schmuckes verlieh. Die Shawls, nach persischer Art mit 
feinen Dess1ns durchnäht, dass sie so aussehen, als wären die Blümchen und 0rnas 
1nente hineingewebt, waren auch in Indien zu finden, und darunter mancher, in 
welchem ein ganzes Heer von Menschens und Thiergestalten durcheinander 
wimmelten, oft komisch grotesk gefügt, meist aber in sinniger Anordnung, so, 
dass sich bei näherer Betrachtung Bilder und Scenen aus der Gegenwart und 
Vergangenheit Indiens in dem scheinbar wirren Durcheinander enträthseln liessen. 
Viel naiver als diese gewebten oder genähten Krieger und Frauen, Kameele, 
Pferde, Vögel, Fürsten und Diener zeigten sich hie und da Nachbildungen der 
Thiere in Seide und Gold, aus sammetenen Decken, der Löwe, der Hirsch im 
Sprunge, mit dicken Füssen, einem rothen Zünglein und Augen voll leuchtenden 
Flittergoldes. 
Die Tambourarbeit in bunter Seide, wie sie überall im Orient geübt wird, 
hatte Indien in unvergleichlicher Schönheit gebracht, und jedes Ding erschien 
tadellos, auf dem die feinen Kettenstiche lagen, die nicht selten mit anderer 
Technik vereint, neue, niegesehene Erscheinungen abgaben. M0hns.und Cactusi 
II   H
	        
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