Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

DIE 
FRAUENARBEIT. 
Umgebung anderer Art. Herrliche Stoffe in purpurner Seide durchweht, Klei: 
der, auf denen ein ganzer blitzender Regen von goldenen und f1lbernen Blüthen 
lag, kostbare Vorhänge und Decken zu religi6fem Gebrauch, mit pomphaft fchwes 
rer Zeichnung, mit Ampeln, Säulen und aufskrebenden Blätterranken in Golds 
Ilickerei bedeckt, Schuhe, Schleier, Ueberwürfe, alles mit dem leuchtenden Ges 
funkel überfchüttet. Besondere Vorliebe und Sorgfalt war dem Schmucke der 
Sattel, der Pferdes und Kameeldecken gewidmet. Es waren da einzelne diefer 
Dinge mit feltenem Reichthum ausgestattet; dunkelgrüner oder purpurr0ther 
Sammet bildeten den Untergrund, auf dem mit Ueberfülle und Verfchwendung 
Zierrath an Zierratl1 sich zu breiten Bordüren, zu fchwungvoll verfchlungenen Ecks 
ftücken aneinander reihten,. und mit Gold, Silber und Flitter oft hohe Knaufe 
auf bauten, in denen vielfarbiges Metall wie ein Regenbogen fchillerte. 
Mannigfach gefchmücktes Sattelzeug war auch fast die einzige Frauenarbeit, 
welche die Ausstellung Centralafrika7s, die sich an die Egyptens fchlofs, 
aufzuweifen hatte. Hier, wo die freundliche Bahn der Cultur ihrem Ende zugeht, 
wo aller Schmuck, aller Luxus verfchwindet und nur die dürftigen Geräthe für 
den Bedarf dürftiger Existenzen zur Stelle waren, hier fand lich wohl nichts von 
Gold und Seide auf den hoch gebauten Sätte1n und den fchmalen langen Decken, 
die vom Rücken des Kameeles herabhängen. Statt folcher glänzender Zier waren 
weifse kleine Mufche1n in geraden Linien und Arabesken aufgenäht, viels 
farbige Glasperlen und stoffendchen daran, gereiht, und wo der Schmuck und 
der Luxus ihren Gipfelpunkt erreichten, hie und da ein winziges Plättchen Flitters 
gold angebracht. VVie Kinderfpielzeug fehen diefe Embryonen des Luxus und 
der verfeinerten Bedürfniffe aus; f1e find eben ein Anfang, wie er taufendmal das 
gewesen, und wie ihn jedes Ding gehabt; der Weg is7c weit von den kleinen, 
weissen Mufchelreihen auf den ledernen Decken zu der funkelnden, blendenden 
Pracht, wie f1e dort im Nebenraume, auf Sammet und Seide und den prunkenden 
Gewändern lag; aber der Weg ist da, und mag es noch fo lange währen, er wird 
endlich zurückgelegt werden. 
Ein Frauengewa11d darf nicht vergeffen werden, das unweit von dem hier 
ausgePcellten kleinen Beduinenhaufe an der hölzernen Wand hing, und als Gegens 
fatz von culturhiPcorifcher Bedeutung dem Rahet, der Schürze aus Ledersträhnen, 
welche die Mädchen als einzige Bekleidung tragen, diente. Es waren Beins 
1deider und ein 0ber11emd aus grobem, weissen BaumwollPcoffe, die an den Nähten 
und Säumen reich mit Arabesken gefchmückt waren; in bunter Schafwolle tams 
bourirt zeigte f1ch eine einfache, ftilgerechte Zeichnung, die an der Brust des 
0berkleides sich in Rofetten und feinen Liiieren ausbreitete und nach unten, 
nach dem Rande des langen Gewandes, fpitz zulief.  
Hatten die Türkei und die Culturländer Afrikals die Macht des Goldes und 
des Silbers auf den prächtig fchimmernden Geweben gezeigt, fo .wiessPerfien 
den anmuthigen, allbezwingenden Zauber der Farbe nach. Aus allen Schranken, 
von allen Wänden grüfste ein fröhliches, leuchtendes, glühendeS Farbengemenge, 
ein Meer von unentwirrbaren Blumen und Arabesken, die auf Teppichen, 
Decken, Tüchern und Gewändern lagen, und, trotz aller Fülle und aller Mannigs 
fa1kl8kCIt. der Farbentöne, lich wie die gefchaute Harmonie darstellten. Es iPc 
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