DIE
FRAUENARBEIT.
stichbordüren, in der Kl6ppelfpitze und in den Webearbeiten zu Enden, oft kins
difch naiv und grotesk, oft mit Schwung in ernster, einfacher Zeichnung anges
bracht. Ueberall klingt in den Arbeiten der Norden und der Süden gleichzeitig
an. Die Nelkenknofpe und die vollerblühte Mohnblume, die Vogel mit dem
gehobenen Flügel, der Hahn, das springende Böcklein und ähnliche Erscheinuns
gen, wie wir sie auf den Frauenarbeiten Rufslands finden, und die Farbengluth
in den reizenden 0rnamenten, die blitzende, flitterdurchwebte Spitze, der Schmets
terling zwischen funkelnden Sternen und glühenden Blumenblättern, wie wir sie
im Süden entdecken, liegen auf allen Gewändern bald in mühevoller Arbeit, bald
leicht und lose hingeworfen, wie im Spiele.
Von allen diesen Producten der weiblichen. Hausindustrie waren nur die
Teppiche, die flachen Gewebe, auf der Ausstellung vertreten, mit ihrer bunten
Farbenpracht und der meist sehr schonen stilgerechten Zeichnung.
Neben den Arbeiten nationalen Ursprunges brachten die transleithanifehen
Länder einige unbedeutende und einige unfchone Fraucnarbeiten von Dilettans
tinnen, darunter manches von überlebter Erfindung. Die Ausstellung des Hauss
srauenvereines und die des Frauenindustrievereines enthielten der Mehrzahl nach
echte Dilettantenarbeiten moderner Erfindung, von der fchweren Tuchblun1e auf
Decken und Polstern bis zu den Bildern aus Gewürzblumen, aus Menfehenhaaren
und auf Stramin gestickt. Hie und da zeigte sich mitten unter diesen traurigen
Dingen irgend eine Kante, ein Streifchen, denen die volle Schönheit der nationas
len Arbeiten eigen war, wie wir sie in der Hausindustrie des Landes gesehen, und
solche Erscheinungen, nebst guten, praktischen Nutzarbeiten, warfen ein versohs
nendes Licht auf die ganze Gruppe, in welcher die mannigfachen Verfchrobens
heiten, die da in allen Geftalten prangten, mit gewöhnlicher Aufdringlichkeit um
den Vorrang stritten.
Alles, was wir in Ungarn von den Frauen der verscl1iedenen Volksstämme
gearbeitet fal1en, das hatte Rumänien, mit dem Glanze und dem Reiehthum
des Südens überfchüttet, in mannigfacher Gestalt wiedergebracht. Die Ausftels
lung der Frauenarbeiten des Landes bildete einen Glanzpunkt in dem Raume,
welchen Rumänien einnahm; da flimmerte, funkelte und blitzte alles, da leuchtete
die dunkle Farbengluth auf allen Gewändern, und ein reizendes Gewirre von
golddurchfponnenen Schleiern, seidenen Blumen, Hitterbedeckten Schürzen, von
Flor und Spitzen, von Silberfäden und schweren, schimmernden Perlgehängen zog
das Auge des Beschauers auf sich.
Der Untergrund, die Technik, aus welchen diese blendende Herrlichkeit
entsteht, sind die des Nordens. Die Leinwand, dicht oder locker gewebt, der
dunkle Schafwollstoff, hie und da die leichte Seide, wie wir sie in der Bukowina
gesehen, werden zu den Gewändern verarbeitet, und auf dicfe Stoffe wird mit
dem Kreuzstiehe in bunten Farben, oder in Flachftiekerei, das Gewirre von B0rs
düren und Arabesken gezeichnet, das nicht selten den ganzen Untekgku11d be.
deckt. Hie und da gibt die Technik des Siidens Gastrollen, der Tambourstich
und die Schnürbenähungen ziehen ihre biegsamen Linien über den Stoff und
legen sich in reizender Farbenmifchung Zu GeWindcn und Ranken zusammen.
Erst über djefe, meist einfachen Zeichnungen in anspruehsloser Technik ausges