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FRAUENARBE lT.
durch Farbe und Zeichnung, durch Technik und Material gekündigt war, das
trat im Ganzen, in der Zufamn1enste1lung, durch das prunkhafte, meist ges
schmacklofe Arrangement noch verdoppelt zu Tage. Diese gre1len Farbent6ne,
welche da unvermittelt neben einander lagen, diese Menge von gleichartigen,
gleich lärmenden 0bjecten machten durch ihre rückhaltlos marktschreierifche Ers
scheinung den Effect unfehlbaren selbstbewufstseins. solche decorativen Frauens
arbeiten, wie wir sie hier auf Kissen, Ofcnfchirmen und Teppichen zu sehen bekas
n1en, find absolut unverwendbar, absolut hässlich, absolut verfehlt; ihre Technik
ist irrthiin1lich, ihre F arbenzufammenstellung ist unmöglich, ihrer Zeichnung mans
ge1t die Wahrheit; ein einziges Stück, wie deren jeder Schrank zu Dutzenden
auszuweisen hatte, genügt, um ein wohl eingerichtetes. Gemach zu entstehen, um
aus dem bestangelegten Arrangement Ruhe und Behagen zu entfernen.
Auch unter den einzelnen Dilettantenarbeiten, die lich hier vorfanden, war
da und dort eine ähnliche Gefchmacksrichtung zu entdecken, wie wir f1e eben
in den Schaukästen gesehen; auch da prangte zuweilen eine kühne Abfonderlichs
lceit in Golds und Glasperlen und dergleichen wohlfeil gruppirtem Materiale, ohne
Ruckf1cht4auf Ziel und Zweck der Arbeit. Aber in der Technik war hier viel
mehr Fleifs und Ernst zu schen, und einzelne Dinge, wie die ausgezeichnete
Flachstic1cerei von A. Lentvör, verdienten unbedingtes Lob, wenn nicht in
der Zeichnung unläugbare Mängel zu Tage getreten wären.
Reizend, wie Überall, wo sich folche Arbeiten Hnden, zeigten f1ch irifche
Spitzen, nach alter Klosterarbeit angefertigt, die In1itation von Venetianer Guis
pure in Batist genaht, einige ausgezeichnete Weifsstickereien und vorzügliche
VVeissnähercien aller Art.
Drüben in dem Pavillon, welcher die Ausstel1ung der Unterrichtsanitalten
des deutschen Reiches fafste, war auch eine nicht geringe Zahl von WCjb1iChCn
Schulen vertreten, welche die verfchiedenartigsten Frauenarbeiten brachten. Es
waren da die Vereinsschu1en, T6chterfchulen, Privatinstitute, Klosterschulen, Wais
fenhäufer, Blindeninstitute und die seminare zur Heranbildung von Lehkeril1ne11
zu finden.
Unter den Vereinsfchulen brachte der LettesVerein die Arbeitsproben
feiner Hande1ss und Gewerbeschulen, nebst den Handelsbiichern, Mafchinennähes
reien, Kunstblun1en, Holzschnitzereien, Handarbeiten verschiedener Art, durch
die er einen befriedigenden Einblick in das Programm seiner LChkAnIka1tcn gab.
Der badifche Frauenverein, welcher unter dem Protectorate der Gr0fss
herzogin Luise steht, exponirte nebst einer Amzahl ausgezeichnet schöner Hands
arbeiten, nebst Spitzen und Stickereien, den Flachs, den Hanf und die Baums
wolle in verschiedenen Stadien der Bearbeitung, von der gCkk0CkVCtCU PHE1l1Z6
bis zum feinen, wohlgefponnenen und gedrehten Faden, Muster der Fabrikation
von P0rzellans und Beinknopfen und GlasperIen, und einige eminent schöne
Luxusarbeiten, darunter eine Decke aus Segeltuch, die durch gute Zeichnung
und glückliche Erfindung ganz besonders bemerkenswerth erfchien.
Der Verein zur Förderung weib1i eher Erwerbsthätigkeit hatte nebst
den Hands und Mafchinennähereien Musterzeichnungen, Lithographien und Freis
handzeichnungen, nach der Natur ausgeführt, gebracht.
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