FRAUENARBEIT.
lung prangte, und half die mannigfachen Spielarbeiten überfehen, die hie und
da ihren Platz gefunden hatten, die gefchnitzen Kirfchkerne , die Blun1enPcräufse
aus Mufcheln und ähnliche veraltete, halb vergeffene Dinge, die Ergebniffe nutZs
los verbrachter MufSezeit.
Getrennt von dem Ausfte1lungsraume der Schu1s und Frauenarbeiten, drüs
ben im Induskriepa1aste fe1bfi, waren da und dort noch einzelne weibliche Arbeis
ten zu finden, die lich von fehr verfchiedenem XxVerthe zeigten. Da waren Flachs
Pcickereien von eminenter Technik, Hgürljche DarlIellungen von Ange1a Spans
dari ausgefkellt; wenige Schritte weiter war eine klägliche Haararbeit zu fehen,
ein Landfchaftsbild, das durch mehrfaches Beftreichen des PapiereS mit Gummi
oder einem ähnlichen KlebePcoff, und durch Beftreuen der angefeuc11teten Stellen
mit feingefchnittenen Haarendchen zu Stande gebracht wird. Die Ausftellerin
des confufen, wirren Dinges, das sich in widerPcrebender Häfs1ichkeit als Lands
fchaftsbild präfentirte, wies eine Medaille auf, welche sie auf der WeltausPce1lung
zu London für diefe Gefchmacksabnormität erworben hatte. Aehnlich in Erf1ns
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dung und ähnlich in Häfslichkeit zeigte sich eine Gefellfchaft von Vögeln aus
schafw0lle gemacht, kleine borstige Gestalten, die einen ganzen Schrank von
oben bis unten füllten, und durch ihre traurige Erfcheinung nur von der Mühe
und Plage erzählten, die f1e gekostet hatten. Glänzend fahen dagegen die Ars
beiten des Alb ergo dei Poveri zu Genua, die VVeifsstickereien von Pa0lina
Carnaghi, die geklöppelten spitzen von D0menica Zenn0ro aus.
Italien hat klarer als manches andere Land gezeigt, welche Gebiete die
Frauenarbeit berühren darf und welche nicht; es hat die Arbeiten guter Erfins
dung und guter Technik neben die lcindifchen Experimente von Frauenhand ges
stellt, und hat dadurch erf1chtlich gemacht, von welchem Reiz und welchem
Werth die einen, von welcher traurigen, von welcher lächerlichen Erscheinung
die anderen sind. Leider ist dies letztere den Frauen felbst noch lange nicht
klar, und die Ausrufe des Entzückens, mit welchen die Befucherinnen der italies
nifchen AuSftellung die gestickten M0debilder für herrliche Gemälde erklärten,
machten fast einen ebenfo betrübenden Eindruck wie die Arbeiten felbst.
Aehnliche Verirrungen, wie wir sie in Italien gefunden, wies die Ausftellung
des deutschen Reiches auf; nur war hier mit gröberen Mitteln, mit derbes
rem Material, mit viel ungefchlachterer Technik gekündigt, und dadurch der
Effect ungleich grotesker als dort. Unter den Frauenarbciten, welche Deutfchs
land gebracht hatte, waren wenige von Dilettantinnen ausgestellt, fondern meist
von Firmen, die in hohen Schranken eine bunt durcheinander gewürfelte, stolze
Prachtausgabe moderner GesclJ.mackSverirrungen darb0ten. Da waren die dicken
Wollblumen in allen Farben und allen Gröfsen, die gestickten Bilder mit in Oel
gemalten Gliedmafsen und Gesichtern, welche mit Hintanfetzung aller w0l1lthäs
tigen Illuf1onen in die stickerei hinein geheftet waren, da zeigten Ach die fcgürs
lichen Darstellungen in Kreuzstichstickerei, die viereckigen Augensterne und Nas
fen, die derben Farbenabstufungen und Schlagfchatten von R0tl1 und Blau in
allen Gef1chtern, und da prangte ein ganzer Garten von grellen, 1ärxnenden Blus
men in allen Farben, die durch die Prätension abnormer Schönheit einen d0ps
pelt bedauerlichen Eindruck machten. Was da schon in der einzelnen Arbeit
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