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F RA UENARBEIT.
Mutter dabei thätig find, und sodann an die Kaufhäuser geliefert oder an Haus
f1rer veraufsert, welche damit in die Welt hinaus wandern.
Unter den vielen Arbeiten, welche da prangten, und von denen manche
von tadelloser Schönheit waren, fand sich eine grosse Zahl, die durch versehlte
Zeichnung, durch Ueberfülle des Defsins, oder durch zu knappe Anordnung in
Form und Schnitt, trotz aller ausgezeichneten Technik, keinen gewinnenden Eins
druclc machte. Die Anwendung naturalistischer Motive ist in den Arbeiten vors
herrschend, der Blumen, Ranken, Blätter mit ihrem Gezweige, des willkürlichen
Gewimn1els, das da, wo die Grazie dabei zur Geltung kommt, feinen unbestin1ms
baren Reiz stets behaupten wird. Leider fehlte aber hier nicht selten die leichte,
schwungvolle Anlage; alle die Blumen, die Knospen, die Stengel und Blätter.
erschienen als eine mit lcunstfertjger Hand ausgeführte Masse von Stichen, die
zu einer Last von einzelnen Gewinden zusammengefügt waren, und viel, sehr
viel Stickerei auf einem möglichst kleinen Raum zusammengedrängt zeigten, und
nichts weiter. Es. gab hiervon glänzende Ausnahmen,,na1nentlich waren einige
Tafehentücher vorhanden, mit köstlichen, ornamentalen Bordüren.
Hie und da waren zwischen diesen Arbeiten, zwiscl1en den Kleidern, den
Vorhängen, den Tüchern, die im glänZendsten Weiss schimmerten, einige Bunts
stickereien zu finden, wenige mit der Hand, die meisten mit der Maschine auss
geführt, die in der Schweiz mit Macht daran arbeitet, für die Fraucnhand einzus
treten. Neben den höchst .unschönen Experimenten mannigfacher Art, Von denen
das abscheulichste ein Lehnstuhl mit einem buntgestickten Strausse war, den die
Maschine mit trübseliger Starrheit in den Stoff gewebt hatte, waren da grobe
Tambourarbeiten auf Vorhängen und Draperien zu sehen, die mit der Maschine
ausgeführt, ganz vortrefflich ihren Zweck erfüllten, und kecke, grosse Zeichnuns
gen aufwiesen, die sich in voller Schönheit von dem durchsichtigen Untergrunde
abhoben.
Haararbeiten, Imitationen von Lithographien waren neben der weltbckanns
ten weiblichen lndustriearbeit des Landes zu sehen. Die ersteren gehörten zu
jener Gattung von .halb überlebter Manipulation, von F lechtwerk, Klcben,
Stickcn, Knüpfen, von jener Arbeit, die sich an die Darstellung von, allem Erdenks
lichen und allem sichtbaren wagt, von Blumen, Bäumen, IssIzjufem, Denkmzj19m
und Bildnissen aller Art, und die wir als eine verschrobene Erfindung echt cui
ropäifcher Art leider noch überall, wo die Frauenarbeit sich in allen Nüancen
ihrer Technik zeigt, mit in den Kauf nehmen müffen,
Die Imitationen von Lithographien, welche wir hier von Marianna ls3rens
tanisViglegio ausgestellt fanden, gehörten zu den besten Arbeiten dieser Art,
die wir bedauerlicher Weise auf der Ausstellung in reichem Mafse vertreten
fanden. Dilettantinnen und Firmen, Kunststickerinnen, Klöster, Schulen hatten
dieseiArbeit repräsentirt, in welcher mit feiner F10kfejde strich Um strich die
Zeichnung nachgeahmt wird, um mit namenloser Mühe ein Bj1d zu fChaffeH, das
um ein Minimum des Kostenpreises solcher Arbeit viel e0kkeetek, Viel daUekhaftek
in jeder Bilders oder Kunsthandlung zu erstehen ist. Die LithographiesImitation
ist eine jener Arbeiten, durch welche die Frauen klar beweisen, wie gering viele
von ihnen das höchste Gut des denkenden Menschen, die Zeit, anfeh1agen, und
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