Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

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F RAUENARBEIT. 
werden junge VVaisen, arme Mädchdn aus dem Orte selbst und der Umgegend 
aufgenommen, und in allen weiblichen Handarbeiten, namentlich aber im VVeisss 
sticken unterrichtet. Proben der Leistungsfähigkeit der Schule lagen vor, meist 
ausgezeichnete Arbeiten, namentlich in der Technik tadellos, wenn auch hie 
und da Zweck und Ziel der Arbeit nicht ganz praktisch festgehalten waren. 
Die Schule ist ein Privatunternehmen, welches unter der Leitung Frau von Kers 
chove7s steht und sich der besten Erfolge erfreuen soll. X 
In Holland .ging die Frauenarbeit leer aus; da war nichts von dem buns 
ten Zeug zu sehen, ausser in einigen Kleinigkeiten, welche der im Haag bestes 
h ende Frauenverein ,,Arbeit adeltU eingesandt hatte, und die in hübschen spitzens 
arbeiten, Frivolitätkrägelchen, künstlichen, grob gearbeiteten Blumen, und einer 
collection von winzigen Figuren, von Puppen in den verschiedenen Trachten des 
Landes, bestand. Diese Arbeiten, die Kleider mit allem schmucke und Zierath 
darauf, wie ihn die weibliche Hausindustrie Hollands schafft, waren in den Schus 
1en des Vereines von Kindern, angefertigt, welche dort nebst einigen Arbeiten, 
die ihnen zum Erwerbe dienen können, alle die Beschästigungen und die Kunsts 
fertigkeiten üben lernen, welche ihnen im täglichen Leben von Nutzen s1nd.. 
Der Verein besteht seit 10sssI2 Jahren und hat zahlreiche Zweigvereine gegrüns 
clet, welche in allen grösseren Stäclten des Landes Schulen zum Unterrichte ars 
mer Kinder erhalten. 
Einen kleinen Ersatz für den Abgang von modernen Frauenarbeiten hatte uns 
Holland in einzelnen 0bjecten der reizenden Ausstellung vorgefül1rt, welche die 
Producte seiner Colonien begriff. Zwischen Thee, Kafsee, Holz,schnitZereien, 
Thierfellen, buntem Zierath aller Art, Waffen, Geschmeiden, Hausgeräthen und 
anderen Dingen lugte bald da, bald dort ein blitzender Faden, auf scl1illemder 
Seide ein Blümchen, ein kunstvoll durchbrochenes, feines Gewebe hervor, das 
uns die Spur der Frauenhand erkennen liess. Borneo und Java hatten Blus 
men aus Federn gebracht, darunter manche reizend und gut, manche nur halb, 
geglückt. Borneo hatte, ausser diesen Blüthchen, Golds und Silberstickereien ges 
Zeigt, auf Sandalenriemen, auf Schuhen in Leder und sammt. Meist waren es 
Thiere, die da prangten, ein Hahn mit zwei Köpfen, Schmetterlinge, auch sti1is 
s1rte Blumen in rothem oder goldenem Felde. Es ist überhaupt in7s Auge fals 
lend, welcher Gunst sich bei allen halbcivilis1rten Völkern die rothe Farbe ers 
freut; sie kommt im Range nach dem Golde, und wo der .leuchtende Faden 
fehlt, da muss etwassvon dem feurigen ,Roth durchglühen. 
Vom indischen Festlande waren Flachstickereien in Wolle von ziemlich hässs 
licher Ausführung zur Ausstellung gelangt, ganz anders Als f0IChe AkbCIt Von 
dem Indien, das seine herrlichen Schätze unter der Aegide Englands zur Auss 
stellung gebracht hatte, uns gewiesen ward. Klein und unbedeutend waren einige 
Blumen, Perls und Goldstickereien auf Pantoffeln, merkwürdig und schön dage. 
gen war die Bordüre eines Taschentuches , dieselbe Arbeit in Batist, welche wir 
in Brasilien gesehen, nur dass hier die Zeichnung viel reiner und von stilgerechs 
ter Schönheit war. 
Hinter einem hohen Porta1e, das in einer vielfarbigen Draperie, in sammt 
und Gold und Seide die Wappenschilder aller Kant0ne zeigte, hatte die Schweiz 
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